Das Hildebrandslied

Das Hildebrandslied

Ein glücklicher Zufall hat uns das Hildebrandslied, gefunden im Kloster zu Fulda auf der ersten und letzten Seite einer theologischen Handschrift, erhalten. Es ist in nieder- und hochdeutscher Sprache von zwei Mönchen um 800 aufgezeichnet. In stabreimenden Langzeilen erzählt es von der Heimkehr Hildebrands, des alten Waffenmeisters Dietrichs von Bern, von seinem Kampf mit dem eigenen Sohn, der seinen Vater nicht erkennt und ihm die Rückkehr in die Heimat verwehrt. In tragischem Zweikampf tötet der Vater sein Kind. Obwohl das Lied nur als Bruchstück vorhanden ist, hat es für uns eine unschätzbare Bedeutung. Es läßt uns erkennen, was wir durch den Bekehrungseifer der christlichen Priester verloren haben.

———————————————————————-

Ik gihôrta dat seggen,
dat sih urhêttun aenon muotîn
Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuêm.
sunufatarungo iro saro rihtun,
garutun sê iro gûdhamun, gurtun sih iro suert ana,
helidos, ubar hringâ, dô sie to derô hiltiu ritun.
Hiltibrant gimahalta, (Heribrantes sunu): her was hêroro man,
ferahes frôtôro; her frâgên gistuont
fôhêm uuortum, hwer sîn fater wâri
fireo in folche,…
… „eddo hwelîhhes cnuosles dû sîs.
ibu dû mî ênan sagês, ik mî dê ôdre uuêt,
chind, in chunincrîche: chûd ist mî al irmindeot.“
Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu:
„dat sagêtun mî ûsere liuti,
alte anti frôte, dea êrhina wârun,
dat Hiltibrant haetti mîn fater: ih heittu Hadubrant.
forn her ôstar giweit, flôh her Ôtachres nîd,
hina miti Theotrîhhe, enti sînero degano filu.
her furlaet in lante luttila sitten
prût in bûre, barn unwahsan,
arbeo laosa: her raet ôstar hina.
sîd Detrîhhe darbâ gistuontun
fateres mînes. dat uuas sô friuntlaos man:
her was Ôtachre ummett irri,
degano dechisto miti Deotrîchhe.
her was eo folches at ente: imo was eo fehta ti leop;
chûd was her.. chônnêm mannum.
ni wâniu ih iu lîb habbe.“…
„wêttu irmingot“, (quad Hiltibrant), „obana ab hevane,
dat dû neo dana halt dinc ni gileitôs
mit sus sippan man“…
want her dô ar arme wuntane bougâ,
cheisuringu gitân, sô imo se der chuning gap,
Hûneo truhtîn: „dat ih dir it nû bi huldî gibu.“
Hadubrant gimahalta, Hiltibrantes sunu:
„mit gêru scal man geba infâhan,
ort wider orte.
dû bist dir, altêr Hûn, ummet spâhêr,
spenis mih mit dînem wortun, wili mih dînu speru werpan.
pist alsô gialtet man, sô dû êwîn inwit fuortôs.
dat sagêtun mi sêolîdante
westar ubar wentilsêo, dat inan wîc furnam:
tôt ist Hiltibrant, Heribrantes suno.“
Hiltibrant gimahalta, Heribrantes suno:
„wela gisihu ih in dînêm hrustim,…
dat dû habês hême hêrron gôten,
dat dû noh bi desemo rîche reccheo ni wurti“…
„welaga nû, waltant got, (quad Hiltibrant), wêwurt skihit!
ih wallôta sumaro enti wintro sehstic ur lante,
dâr man mih eo scerita in folc sceotantero:
sô man mir at burc ênîgeru banun ni gifasta.
nu scal mih suâsat chind suertu hauwan,
bretôn mit sînû billiu, eddo ih imo ti banin werdan.
doh maht du nû aodlîhho, ibu dir dîn ellen tauc,
in sus hêremo man hrustî giwinnan,
rauba birahanen, ibu dû dâr ênîc reht habês“…
„der sî doh nû argôsto (quad Hiltibrant), ôstarliuto,
der dir nû wîges warne, nû dih es sô wel lustit,
gûdea gimeinûn: niuse dê môttî,
hwerdar sih hiutu dero hregilô hrûmen muotti,
erdo deserô brunnôno bêdero uualtan.“
dô lêttun sê aerist askim scrîtan
scarpên scurîm: dat in dêm sciltim stônt.
dô stôpun tô samene staimbort chludun,
heuwun harmlîcco huîtte scilti
unti im iro lintûn luttilô wurtun,
giwigan miti wâbnum…

———————————————————————-

Ich hörte das sagen,
daß sich herausforderten zum Einzelkampf
Hildebrand und Hadubrand zwischen zwei Heeren.
Sohn und Vater ihre Waffen richteten,
bereiteten sie ihr Schlachtgewand, gürteten sich ihre Schwerter an,
die Helden, über die Ringe, da sie zum Kampfe ritten.
Hildebrand sprach, (Heribrands Sohn), er war der hehrere Mann,
der klügere des Geistes; er zu fragen begann
mit wenigen Worten, wer sein Vater wäre
der Leute im Volke…
… „oder welches Geschlechts du seist.
Wenn du mir einen sagst, ich mir die anderen weiß,
Kind, im Königreiche: kund ist mir alles Menschenvolk.“
Hadubrand sprach, Hildebrands Sohn:
„das sagten mir unsere Leute,
alte und kluge, die eher waren,
daß Hildebrand hieß mein Vater: ich heiße Hadubrand.
Einst er ostwärts ging, floh er Odakers Neid,
von hinnen mit Dietrich, und seiner Degen viel.
er ließ im Lande elend sitzen
die Frau im Hause, den Sohn unerwachsen,
erblos er ritt ostwärts dahin.
später dem Dietrich Bedürfnis entstand
nach meinem Vater. Das war so freundloser Mann:
er war Odaker unmäßig erzürnt,
der Degen liebster bei Dietrich.
er war immer an Volkes Spitze: ihm war immer Gefecht zu lieb;
kund war er… kühnen Männern.
nicht glaube ich mehr, (daß er noch) Leben habe.“
„Wisse Menschengott“ (sprach Hildebrand), „oben vom Himmel,
daß du niemals zum Kampf mich leitest
mit so verwandtem Manne“…
Wand er da vom Arme gewundene Spangen,
von einem Kaiserring gemacht, wie ihm sie der König gab,
der Hunnen Herr: „daß ich dir es nun mit Huld gebe.“
Hadubrand sprach, Hildebrands Sohn:
„Mit dem Ger soll der Mann Gabe empfangen,
Spitze wider Spitze.
du bist dir, alter Hunne, unmäßig schlau,
lockst mich mit deinen Worten, willst mich mit deinem Speere werfen.
bist ebenso gealterter Mann, wie du ewigen Trug führtest.
das sagten mir Seefahrer
westwärts über den Wendelsee (Mittelmeer), daß ihn Krieg fortnahm,
tot ist Hildebrand, Hadubrands Sohn.“
Hildebrand sagte, Heribrands Sohn:
wohl sehe ich an deiner Rüstung,…
daß du hast daheim Herren guten,
daß du noch in diesem Reiche Verbannter nicht wurdest.“…
„Wehe nun, waltender Gott, (sprach Hildebrand), Wehgeschick geschieht!
Ich wallte der Sommer und Winter sechzig außer Landes,
da man mich immer scharte ins Volk der Schießenden,
ohne daß man mir an irgendeiner Burg den Tod brachte.
nun soll mich eigenes Kind mit dem Schwerte hauen,
treffen mit seinem Beile, oder ich ihm zum Tode werden.
doch magst du nun leicht, wenn dir deine Kraft taugt,
an so hehrem Manne Rüstung gewinnen,
Raub erbeuten, wenn du dazu einiges Recht hast.“…
„der sei doch nun der Feigste (sprach Hildebrand), der Ostleute,
der dir nun den Kampf verweigere, nun dich dessen so wohl gelüstet,
den gemeinsamen Kampf, versuche die Gelegenheit,
wer von beiden sich heute der Kriegsbeute rühmen muß,
oder dieser Brünnen beider walten.“
Da ließen sie zuerst mit Eschen(speeren) schreiten,
in scharfen Schauern, daß es in den Schilden stecken blieb.
da gerieten sie zusammen, kampfschildspaltend,
hieben grimmig weiße Schilde,
bis ihnen ihre Lindenschilde klein wurden,
zusammengehauen von Waffen…