Die Geschichte des Färbens
Bereits in der Steinzeit benutzten die Menschen Farben, wie Höhlenmalereien im Südwesten Europas bezeugen – eisenoxidhaltige Erde für gelbrot bis braunrot, Kalk & Gips für weiß und Kohle für schwarz. Diese Farben waren zwar von großer Lichtechtheit, doch Feuchtigkeit und mechanische Beanspruchung widerstanden sie nicht. Durch antike Schriftsteller haben wir davon Kenntnis, daß germanische und keltische Völker sich vor Schlachten am ganzen Körper bunt bemalten. Besonders die Kelten sind für ihre blauen Körpertättowierungen bekannt. Doch das Färben mit Pflanzen- & Tierextrakten war die einzige Möglichkeit, Stoffe dauerhaft zu färben. Und so gingen unsere Vorfahren dazu über, ihre Kleidung bunt zu färben, vor allem rot und blau waren sehr beliebt. Als die Römer, deren vornehmste Farbe Weiß war, den nordischen Völkern begegneten, waren sie begeistert von deren bunt gestreiften und karierten Kleidung und ahmten sie nach. Sie waren es die die nordische Mode „Salonfähig“ machten und legten damit den Grundstein für die mittelalterliche Farbenpracht.
Unsere Vorfahren färbten mit den Pflanzen, die ihnen die Natur ihrer Heimat dafür gab:
Braun: Eichen- & Birkenrinde
Gelb: Birkenblätter, Ginster & Schilf
Rot: Blutwurz, Labkraut- & Waldmeisterwurzel
Blau: Waid
Die Römer erweiterten die Farbstoffauswahl um Walnuß für Braun, Wau für Gelb, Krapp für Rot. Damals wurden noch alle Stoffe und Gewänder in Heimarbeit von der Hausfrau hergestellt und auch das Färben war Hausarbeit. Mit der Entwicklung der Städte bildeten sich Zünfte heraus und so wurde auch bald das Färben von Wolle und Stoffen ein Berufszweig. Jedoch war den Färbern eine eigene Zunft bis Ende des Mittelalters verwehrt. Sie standen in direkten Abhängigkeit zu den Zünften der Tuchhändler und Wollweber, die ihnen strenge Vorschriften auferlegten, um das Verfälschen der Farben zu verhindern, und hohe Tarife abverlangten. Gefärbt wurde in besonderen Färbehäusern, die den Tuchmachern gehörten und es durfte nur eine bestimmte Menge Tuch oder Wolle am Tag gefärbt werden, das danach von den Innungsmeistern geprüft wurde. Wurde gegen die Vorschriften verstoßen, durfte das Tuch verbrannt werden und Färber & Auftraggeber mußten hohe Geldbußen zahlen. Wenn der arme Färber wie meist nicht zahlen konnte, wurde ihm die Hand abgeschlagen. Solche Umstände riefen natürlich allerlei Aufstände und Revolten hervor. So auch im 14. Jh. in der wichtigsten Tuchmachermetropole der Alten Welt: Florenz. Hier hatten sich zuvor die Färber bereits in einer religiösen Bruderschaft des Onofrio, welcher der Schutzheilige aller Färber war, vereinigten und riefen 1371 zum Aufstand auf. Dieser Färberstreik dauerte ganze 8 Jahre und endete mit der Gründung 3 neuer Zünfte, eine von ihnen war die Färberzunft. Soviel Glück hatten aber nicht alle. In Deutschland gab es erst ab dem 16. Jh. eigene Färberzünfte.
Im allgemeinen werden 3 verschiedene Arten von Färbern unterschieden:
– die Schwarzfärber oder auch Schlichtfärber färbten Schwarz und alle einfachen Farben
– die Schönfärber färbten feinere Waren in edleren Farben
– die Seidenfärber gab es nur an Orten, wo Seidenzucht & -weberei blühte. Sie hatten nie eine Zunft, sondern waren „freie Künstler“.
Die Farbenpracht der Kleider war Zeichen der Macht seines Trägers und so dauerte es auch nicht lange, daß es die ersten Kleidervorschriften gab. So war es zwar Karl der Große, der in seiner Landgüterverordnung um 800 festlegte, daß Waid und Krapp angebaut und die Kermesschildlaus, die das Scharlachrot lieferte, gezüchtet werden solle. Doch durch seine christliche Neigung zu einfacher Kleidung genehmigte er dem einfachen trotzdem buntbekleideten Volk nur 6 Ellen graues oder braunes grobes Leinengewebe, das sind 3,60 m. Diese Regelung hat sich bis heute in der Arbeitskleidung gehalten. Sonst war die Kleidung des fränkischen Adels fast schreiend bunt. Ein Mönch von St.Gallen beschreibt die Karolingerkleidung mit roten Hosen über die scharlachrote Wickelbinden gebunden sind, dazu ein grauer oder blauer Mantel, der über einem gelben oder grünen Rock getragen wird. Auf dem Kopf trug man noch eine bunte Kappe. Erst durch den Einfluß des orientalischen Christentums wird die Kleidung einfacher und geometrischer. Ab dem 12. Jh., nach den ersten Kreuzzügen, konnten sich die nun reichgewordenen Kaufleute die farbenfrohe Kleidung des Adels leisten, was der Adel wieder mit strengen Kleidervorschriften verhindern wollte. So waren einige Farben ausschließlich dem Adel vorbehalten, wie Grün, das eine teure Mischfarbe war. So auch Indigoblau, Goldgelb und Scharlachrot. Schwarz war dem niederen Klerus & den Magistern vorbehalten. Das Waidblau und das Krapprot war die Festfarbe für Bürger & Bauern. Blassgelb hingegen war die Schandfarbe für Juden & Prostituierte. Puppur wurde nur vom Hochadel und dem hohen Klerus getragen, da er der teuerste Farbstoff war. Er wird aus dem Drüsensekret verschiedener Purpurschnecken gewonnen, wofür man für 1g Purpur 8000 – 10000 Schnecken benötigt. Die Türken beendeten die Purpurherstellung in Europa als sie 1453 Konstantinopel eroberten und dabei die Purpurwerkstätten zerstörten. Der zweite tierische Farbstoff ist das Scharlachrot. Es stammt von den Kermesschildläusen, die zum Johannistag von Leibeigenen von den Pflanzen gesammelt wurden und deren Farbe daher auch Johannisblut genannt wurde. Doch Verbote und Kleidervorschriften hielten das Volk nicht davon ab immer prunkvollere Gewänder zu tragen. So begann der Adel damit seine Wappenfarben zu tragen und sich sein Wappentier aufzusticken. So entstand die Mi-partie-Mode, die den Körper in 2 oder sogar 4 verschiedene Farbstreifen einteilte. Doch Bürger und sogar die Bauern ahmten selbst das nach. Importierte Farben wurden nur sehr selten benutzt, weil sie sehr teuer waren. Das änderte sich nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien & Amerika. Über sie kamen neue stärkere Farbstoffe nach Europa, wie Brasilholz, Sandelholz, Safran, Saflor, Lackmus und Indigo. Im 16.Jh. wurde der Indigo als „schädliche und betrügliche fressende Teufelsfarbe“ teilweise verboten, weil man um den Waidanbau in Sachsen und Thüringen fürchtete. Doch schon 1610 wurde in Hamburg das Verbot wieder aufgehoben, was den Niedergang des Waidanbaus zur Folge hatte. Krapp blieb der wichtigste rote Farbstoff von der Antike bis ins 19.Jh. Von da an begann der Siegeszug der Teerfarben und der chemischen Farben.
Normalerweise wird das gesponnene Garn gefärbt und nicht das fertige Tuch. Eine intensive Farbe erzielt man nicht, indem man die Wolle lange im Färbebad liegen läßt, sondern indem man sie mehrfach mit derselben Farbe überfärbt. Das Farbergebnis hängt von vielen oft unwägbaren Faktoren ab, so z.B. der Wasserhärte und dem Mineralstoffgehalt. Das gleiche Färbekraut kann bei verschiedenen Wasserhärten völlig unterschiedliche Farbsättigungen ergeben. Das wichtigste beim Färben ist die Beize. Sie ist die chemische Brücke zwischen Farbstoff und Faser. Mit Naturfarben können aber auch nur Naturstoffe gefärbt werden, wie Wolle & Leinen. Die Stoffe dürfen keine chemischen Anteile enthalten, die die Farbe nicht annehmen, das Ergebnis wäre sonst fleckig. Als Beize wurde früher Essig und Ammoniak in Form von Urin verwendet, heute benutzt man Chrom, Eisen, Zinn, Weinstein und Alaun, besonders oft letztere beiden. Die Beize beeinflußt die Färbung: Chrom intensiviert die Farben, Eisen hingegen läßt sie matter erscheinen.
Das Beizen geht folgendermaßen vonstatten: 120g Alaun und 30g Weinstein werden in etwas heißem Wasser aufgelöst, dem man 16 Liter möglichst weiches Wasser hinzugibt. Dem wird etwa ein Pfund gewaschene zu einem lockeren Strang gebundene Wolle zugegeben, die aber noch Wollfett enthalten sollte, um die Farbe besser anzunehmen. Das Färbegut wird 1 Stunde in der Beize gekocht und anschließend sanft ausgedrückt. Falls die Wolle sich klebrig anfühlt, war zuviel Alaun in der Beize und sie sollte noch etwas mit Wasser verdünnt werden. Für das eigentliche Färben braucht man einen großen Kessel oder emaillierten Topf, die sogenannte Küpe. Darin wird die Färbedroge ausgekocht und nach deren Abkühlen gibt man das Färbegut hinzu. Das läßt man wieder eine halbe bis eine ganze Stunde kochen. Wenn die Wolle abgekühlt ist, nimmt man sie heraus und spült sie mit kaltem Wasser ab. Damit die Farbe noch besser hält, kann man nach dem Färben nochmals beizen.
Weitere Rezepturen und Anleitungen zum Färben findet Ihr unter „Anleitung zum Färben mit Pflanzen“.
Nun viel Erfolg beim Ausprobieren wünscht Euch die Ines!