Über Zauberer & Hexen

Über Zauberer & Hexen

Die Zauberelse zu Zwickau

Im Jahre 1557 den 22. Mai ist zu Zwickau die alte Zauber-Else gefänglich eingezogen worden. Die hatte den Leuten Getränke gesotten, den Mägden Kinder abgetrieben, auch viele Menschen an ihren Gliedmaßen, Armen, Beinen, Fingern, Brüsten und an den Fersen geschädigt, auch viele andere Zauberei mehr getrieben. Sie hatte auch einem Maler zu Glauchau Gift beigebracht, daß er gestorben. So hatte sie auch leiblich mit dem bösen Feinde gebuhlt und eine lange Zeit mit ihm zugehalten, der ihr auch Geld gebracht, bisweilen 2 und 3, bisweilen auch 4 Thaler, mehr aber nie. Da man sie gefragt, wie er aussehe, hat sie geantwortet, er wäre ein alter grauer, häßlicher Teufel. Dieser böse Geist ist auf der Gasse oftmals mit ihr gegangen, „doch“, sprach sie, „es hat ihn Niemand als ich sehen können“. Als sie gefangen gesessen, ist er oftmals zu ihr vor’s Gefängniß und an das vergitterte Fenster gekommen und hat sie gefragt, was sie mache, ob sie herauswolle, er wolle ihr helfen. Sie hat aber geantwortet, sie wolle gern heraus, aber sie habe noch ihre Seele zu bedenken. Auf diese Rede ist er davon geschieden, sie hat aber gesessen bis zum 18. Juni, da hat sie wegen vielfältiger Zauberei ihre Strafe empfangen und ist am Galgen verbrannt worden.

aus Schmidt „Chronica Cygnea“ 1656

Die unheimlichen Gäste in Werda

In dem Dorfe Werda bei Oelsnitz lebte ein junger Mann, der saß an einem Sonntagsabend im Winter ganz allein zu Hause und hatte ein Buch aus einem alten Schranke zur Hand genommen, um darin zu lesen. In dem Buche aber waren verschiedene Zeichen und Figuren, die er sich nicht sogleich ausdeuten konnte. Deshalb zog er die Lampe näher an sich heran, um besser sehen zu können. Als er nun so eine Weile im Lesen und Ausdeuten vertieft war, blickte er zufällig in die Höhe, fuhr aber wieder erschrocken zurück, denn zu dem kleinen Schiebfenster herein sieht ein rabenschwarzer Mann mit grinsendem Gesichte. Der Bursche fragt nach seinem Begehr, erhält aber keine Antwort. Nachdem er sich vom Schreck ein wenig erholt hatte, liest er ruhig weiter und ist bemüht, die Figuren ordentlich zu deuten. Er sieht sich wieder um und wird zu seinem Schrecken gewahr, daß zu jedem Fenster ein schwarzer unheimlicher Gast hereinsieht. Dabei ist er auf seinem Sitze wie festgebannt und er kann fast kein Glied mehr regen. Jetzt will er das Buch zumachen, denn es flimmert und tanzt ihm Alles vor den Augen. Aber wie von einer unsichtbaren Macht gefesselt, kann er seinen Blick nicht von dem Buche abwenden und er fängt wieder an zu lesen. Jetzt aber entsteht im Hause ein großes Gepolter und Getöse; auf einmal fliegt die Thüre auf und und ein langer schwarzer Mann kommt zur Thüre herein und bleibt in der Mitte der Stube stehen. Der Leser fragt zum zweiten Male, was sein Begehr sey, erhält aber wieder keine Antwort. Dabei muß er in dem Buche immer weiter lesen, und es dauert gar nicht lange, so geht da Gepolter von Neuem los und eine zweite schwarze Gestalt tritt in die Stube und stellt sich neben die erste hin. Ohne von seinem Buche aufzusehen, liest der Bursche immer fort. Jetzt aber thut es einen Schlag, daß das ganze Haus in seinen Grundfesten erschüttert wird, Fenster und Thüren springen auf, ein blitzähnlicher Schein fährt durch die Stube und eine dritte Gestalt, länger als die beiden ersten und noch wilder von Aussehn tritt dabei in Begleitung von allerhand Thieren, als Raben, Eulen und Elstern, in die Stube und stellt sich nun zwischen die beiden ersten hinein. Jetzt aber wird’s unserem Geisterbeschwörer himmelangst und er ruft aus vollem Halse um Hilfe. Es dauert aber lange, ehe die gewünschte Hilfe kommt. Endlich kommt der Bruder des Burschen mit noch einigen Nachbarssöhnen nach Hause und diese sehen nun, was vorgefallen ist. Der Sohn des Wirths, der auch mit hinzugekommen war, läuft sogleich zum Pastor des Ortes, der auch erscheint, dessen Kraft aber zu schwach ist. Er giebt den guten Rath, es solle doch gleich einer nach Theuma zum Pater reiten, der könne Hilfe schaffen. Ohne sich lange zu besinnen, reitet der Sohn des Wirths nach Theuma und erzählt daselbst dem Pater, was vorgefallen ist. Derselbe läßt sich bewegen mitzukommen, und da er ankommt, ist bereits das halbe Dorf vor dem Hause versammelt und sogleich beginnt er seine Beschwörungen. Es dauert auch nicht lange, so entfernen sich die ungebetenen Gäste, nur der letzte hielt noch Stand und wollte nicht weichen. Als aber der Theumsche Pater ein großes Buch aus der Tasche zog, entfloh er unter fürchterlichem Gebrause durch den Schornstein und ließ einen Schwefelgeruch zurück. Das Buch aber, welches der Bursche gebraucht hatte, nahm der Pater mit und ermahnte noch den jungen Mann, solche Sachen fernerhin zu lassen und nichts zu unternehmen, was er nicht verstehe.

aus Köhler „Aberglauben und Sagen im Voigtlande“

Zacher Gocof

In Unter-Heinsdorf bei Reichenbach existirte die Familie Gocof (Jacobi), in der, wie man erzählt, mehrere Jahrhunderte hindurch gewisse geheimnißvolle Kenntnisse forterbten. Es waren die Gocofe Heilkünstler und Wunderdoctoren und der letzte Gocof mit dem Zunamen Zacher (Zacharias), welcher vor ungefähr 40 Jahren starb, war nicht blos durch ein Mittel gegen den sogenannten Nachtschatten, eine Augenkrankheit, berühmt, sondern er verstand auch ein gutes Weich- und Schnellloth herzustellen und war nebenbei ein geschickter Holzschnitzer. Bei seinem Tode war eine Kammer voll wunderlichen Kram, Fläschchen mit Tincturen, Knochen, Bücher und Manuscripte vorhanden, allein seine Hinterbliebenen übergaben Alles aus abergläubischer Furcht dem Feuer. Er selbst ging stets sehr einfach, fast abgerissen einher, obgleich er sehr wohlhabend war. Man erzählt nun von ihm folgende Teufelsstückchen:
Eintmals, als er eben zu Mittag aß und die Fliegen ihn sehr belästigten, nahm er einen Teller, pfiff eine eigne Melodie und sämmtliche Fliegen setzten sich auf den Teller, den er dann hinauszutragen befahl.
Ein anderes Mal wurde ihm Holz gestohlen, die Diebe trugen es fort, und, wie sie meinten, in ihre Wohnung. Aber als sie an Ort und Stelle gekommen zu sein dachten und sich von ohngefähr umsahen, waren sie in Zachers Hofe, Zacher aber kam zur Thüre heraus und sagte: „nun, legt’s nur hin und geht heim!“ und die erschrockenen Diebe thaten’s auch.
Einem seiner Knechte war auf dem Felde die „Kratz“ gestohlen worden. Als er ohne dieselbe nach Hause kam, befahl ihm Zacher vor die Hausthüre zu treten. Da kommt ein Nachbar, welcher der Dieb war und bringt die Kratze in den Hof.
Einst hatte ihm eine Magd Rüben und Möhren entwendet und kochte sie zu Hause. Aber sie mußte den Topf samt den Rüben und Möhren zu Gocof tragen. „Siehst Du,“ sagte dieser, „hättest Du gefragt! Nun, gehe nur, und nimm Dir noch Rüben, die bringst Du mir aber nicht!“

aus Köhler „Aberglauben und Sagen im Voigtlande“

Die beiden Zauberer

Geht man auf dem geraden Wege von Budissin nach Neschwitz, so gelangt man, nachdem man das Gasthaus, der schwarze Adler, und das zum Posthorn passirt ist, in ein kleines Birkenwäldchen, wo man rechter Hand eine große Steinwacke gewahrt. Als dies Wäldchen noch ein großer Wald war, voll von Bären und Wölfen, wohnte dort ein alter heidnischer Zauberer, welchem die Erd- und Feuergeister dienstbar waren. Seine Macht benutzte er dazu, Schätze über Schätze aufzuhäufen, an deren Anblick er sich weidete. Zu gleicher Zeit lebte nicht weit davon ein anderer jüngerer Schwarzkünstler, dessen Befehlen nur die Wassergeister gehorchten, und dem der Meister der Gnomen und Salamander grollte, drohte, wo er wußte und konnte, ihm zu schaden bemüht war und endlich im bösen Herzen gar seinen Untergang beschloß. Nun trat jener einst, gleich einem Flußgotte, in des Alten Wohnung, von dem er wider Erwarten freundlich aufgenommen wurde. Ein Mahl, welches Erd- & Feuergeister bereitet hatten, wurde aufgetragen, wobei das weibliche Geschlecht derselben die Becher kredenzte. Während nun die Becher weidlich geleert wurden, entspann sich zwischen den beiden Magiern über ihre Wissenschaft ein Streit. Ungemüthlich ward daher der Gebieter der Erd- und Feuergeister und vergessend aller Pflichten der jenem erwiesenen Gastfreundschaft, anzüglich gegen den Jüngeren, welcher, kalt wie sein Element, sich vergebends bemühte, ihn zu beschwichtigen. Da warf der Alte endlich gar seinen Gast zur Thüre hinnaus, schleuderte ihm gar manches irdenes Gefäß nach und hetzte seine Feuergeister gleich einer Kuppel Parforcehunde ihm nach. Daß darüber auch dem Jüngeren die Galle überlief, wird wohl Niemanden, der nicht Fischblut besitzt, befremden. Er beschloß daher, augenblicklich Rache zu nehmen. Die Fenster des Himmels öffneten und die Brunnen der Erde ergossen sich. Von oben und unten, wie von allen Seiten, strömten die Wasserwogen, Teiche und Seen durchbrachen ihre Dämme und unbezähbar tosten die wilden Wogen. Da erbebte, vielleicht das Erstemal in seinem Leben, der sonst fuchtlose Alte, wohl, jedoch zu spät, einsehend, daß das Wasser das furchtbarste aller Elemente sei. Donnernd herrschte er seine Geister an, welche ihr Möglichstes thaten, allein eben so wenig als der Korporalstock Muth und Patriotismus zu erzwingen vermag, vermochte sein drohender, beschwörender Ruf die heranfluthenden Wellen, welche Erdwällen und Feuerbränden spotteten, zu bändigen. Ertränkt wurde er, verschlämmt seine Schätze, und da, wo sie sich befinden, bildete sich jene Steinmasse, welche man noch jetzt sieht, und die unermeßliche Reichthümer birgt.

aus dem Lausitzer Magazin 1838

Der Zauberer Caspar Dulichius

Im J. 1642 war ein gewisser Caspar Dulichius Pfarrer zu Camenz, er führte aber ein so wenig geistliches Leben, war so streitsüchtig und narrenhaft, daß man ihn schon nach einigen Jahren wieder absetzte. Nachdem er zehn Jahre in der Irre herumgezogen war, kam er nach seiner Rückkehr nach Camenz aus irgend einem Grunde ins Gefängniß auf den sogenannten Pulsnitzer Thurm. Da kam es aber heraus, daß er mit dem leibhaftigen Teufel im Bunde war, denn am 7.Octbr. 1652 war er bei verschlossenen Thüren vom Thurme gestiegen und hatte mit mehreren Personen auf der Straße gesprochen und doch am andern Morgen sich wieder in seinem Gefängnisse befunden. Dazu kam das Gerücht, daß er in Wien zur katholischen Religion übergetreten sei, und sein eigenes Geständniß, daß er eine Nuß besitze, vermöge welcher eer sich unsichtbar machen könne, sowie daß ein von Haaaren geflochtener Kranz ihm die Herrschaft über die Geister des Schattenreiches verleihe. Man schritt daher zur Inquisition und verschickte die Acten an den Leipziger Schöppenstuhl, welcher auf die Tortur erkannte, um ihm das Geständniß seines Bundes mit dem Teufel abzupressen. Aber schon bei dem Anblick der Marterinstrumente erklärte der Delinquent, er bekenne, daß er einen Bund mit dem Teufel gemacht habe, auch mit dessen Hilfe vom Thurme herabgestiegen sei. Er wiederrief zwar seine Aussage am 6. Novbr. 1654, es half ihm aber nichts, er ward am 8.Juli 1655 auf dem Markte in Camenz öffentlich mit dem Schwerte hingerichtet.

aus dem Lausitzer Magazin 1838

Das behexte Mädchen zu Eisenberg

Am 14. April des Jahres 1686 erkrankte des damaligen Oberbaccalaureus zu Eisenberg, Johann Michael Heincke, einzige Tochter Johanne Dorothea, ein Mädchen von 14 Jahren, klagt über Kopfweh, bekommt Ekel vor Speißen, wird oft ohnmächtig und siecht so fort bis in die zwölfte Woche, ohne daß eine bestimmte Krankheit hervortritt. Den 6. Juni fährt es ihr ins rechte Bein und nach und nach auch in die übrigen Glieder. Es däucht ihr, als ob etwas darin lebe und sich bewege. Dazu kömmt ein heftiges Reißen, Hals und Arm verdrehen sich und es wirft sie so, daß sie von mehreren Personen kaum gehalten werden kann. Den 29. Juli wird’s mit ihr noch schlimmer. Drei Männer können sie kaum erhalten, sie erschrickt heftig, verliert die Sprache, liegt oft lange wie todt, ißt nichts, behält kein Getränk bei sich, bleibt jedoch, zu Gott betend und geduldig, bei Verstande. Den 4. August ist es mit ihr am schlimmsten. Sie schreit, als ob Zunge und Schlund aus dem Halse gerissen würden. Nachmittags aber fängt sie an sich zu erbrechen und giebt von diesem Tage bis zum 10. Februar 1687 nach und nach 1231 verschiedenartige Dinge durch Erbrechen von sich, als: Haarbüschel, Federn, gezwirnte wollene Fäden, ungesponnene Wolle, zusammengeknüpfte Bündlein Wolle und Garn, einen starken Zwirnfaden mit 16 Knoten, eine gekrümmte Stecknadel, ein Stücklein Papier, ein Büschlein Haare, wie ein Zweifelsknoten geschlungen, abgeschnittene, mit Zwirn zusammengebundene Menschennägel, Baumwolle, Fischgräten, ein Stücklein Haut, ein Striemlein Leinwand, eine kleine Spinne oder Kanker, rothbaumwollenes Garn, ein mit Bast zusammengebundenes Bündlein Stroh, ein Fädchen schwarze Seide mit Knoten, Unschlitt, Katzen- und Hundehaare, Flachs, Häckerling, Seife, Gerstenähren etc. Den 20. August erkrankt auch ihr Bruder, bekommt Herzstöße und erbricht dergleichen Dinge. Im Fieber-Paroximus schreit das Mädchen einst „Liese! Liese!“ und bezeichnet eine in Eisenberg wohnende Tagelöhnersfrau, welche mit ihr spiele, sie aus dem Bette heraus zu reißen und obengenannte Dinge ihr in den Hals zu stecken drohe. Darauf ward vom Gerichte gegen die von dem Mädchen bezeichnete Person eine Untersuchung auf Behexung erhoben. Es wird also am 16. Septbr. Elisabeth Papstin, des tagelöhners Hans Papst’s Eheweib, vom Stadtrath zu Eisenberg ins Verhör genommen und befragt, ob sie das Heinckesche Mädchen behext habe. Sie leugnet standhaft. Es werden Zeugen über sie vernommen und Ende Septbr. d. J. erkennt der Schöppenstuhl zu Jena, an welchen die Acten eingesendet worden waren, daß zuvörderst wegen der Inquisitin geführten Lebens und Wandels bei Geistlichen, Nachbarn und Andern nachzuforschen sei. Dies geschieht und die Nachforschung fällt zu Gunsten der Angeschuldigten aus. Im Monat Decbr. erkennt, nach anderweitiger Actenversendung der Schöppenstuhl zu Jena, daß Inquisitin in Ermangelung anderer und stärkerer Indicien zu absolviren und zu entbinden sei. Unterdessen kränkelt aber das Mädchen fort. Am 10. Febr. 1687 greift es über sich, schreit: „ich habe sie bei dem Rocke, ich halte sie fest, haltet ein, sie zieht mich aus dem Bette!“ und wird auch wirklich weit mit fortgezogen, sodaß die Eltern und andere Anwesende genug zu halten haben. Da zieht der in der Stube mit anwesende Malergeselle, Johannes Roßbach seinen Säbel heraus, haut in die Gegend, wo das Mädchen hingezogen wird, und sogleich läßt es nach und hat das Kind ein Fleckchen schwarzes Tuch in seiner Hand, ist am Finger ein wenig gestreift und sagt „die Liese hätte sich über sie gebeugt gehabt und wäre mit dem Rocke ihr nahe am Kopfe gewesen, daher habe sie zugegriffen und sie gehalten“. Das Mädchen hatte seit dem 14. April 1686 gelegen, nichts gegessen, wenig getrunken (18 Wochen lang nichts als klares Wasser), ihre Stühle aber hatte sie behalten. Auch der Knabe hatte während dieser Zeit mehrere hundert Male sich übergeben und ähnliche Dinge, wie oben genannt sind, von sich gegeben. Den 11. Febr. 1687 fordert die Landesregierung zu Altenburg die Acten und am 17. Febr. d. J. verlangt der Herzog Christian dieselben gleichfalls. Im März d. J. erkennt der Schöppenstuhl zu Leipzig, an welchen die Acten, wozu noch einige Vernehmungsregistraturen gekommen, gesendet worden waren, daß wider gedachte Papstin dießfalls in Ermangelung kräftigerer und zur Peinlichkeit genugsamer Indicien, nichts vorzunehmen sei, maßen sie auch mit den in dieser Sache aufgelaufenen Unkosten zu verschonen sei. Mit dieser Erkenntniß schließen die Acten und man erfährt nicht, was aus der weitern Untersuchung geworden ist.

aus Back „Chronik von Eisenberg“ 1845

Das sechste und siebente Buch Mosis

Das Eichhornsche Haus in Tautenhain ist ein gefeites Haus, da geht seit undenklichen Zeiten bei Tag und Nacht eine schwarze Katze um, Niemand kann sich erinnern, daß sie je von irgend wem gefüttert worden sei, aber da sie Niemandem etwas zu Leide thut, so läßt man sie gehen.
Nun sollte aber in demselben Hause auch das 6. und 7. Buch Mosis zu finden sein, ein Zauberbuch, von dem man glaubt, daß dem, der es zu lesen verstehe, alle Schätze der Welt, der Stein der Weisen etc. zu Theil würden. Man wußte aber auch, daß wer es unrecht damit anfängt, unglücklich dabei wird, deshalb hielt man den Besitz desselben durchaus für kein Glück, man fürchtete im Gegentheil, daß es dem Dorfe Unglück bringe. Einem armen Schneider, der darum nachsuchte, das Buch ansehen zu dürfen, wollte es der Besitzer deshalb durchaus nicht gestatten. Endlich gab er ihm aber doch eine Laterne und ließ ihn in den Keller, wo das Buch sich befand, hinabsteigen. Unser Schneider nahm dort Platz auf einem Lehnstuhle und begann sogleich zu lesen. Aber es rauschte und sauste um ihn ganz greulich herum; aus dem Buche stoben Eulen und Raben heraus, und Geisteraugen blickten ihn dabei aus allen Ecken an; ja zuletzt wußte er gar nicht einmal mehr, was er las. Wie nun seine Angst zum Höchsten gestiegen war, begann er endlich rückwärts zu lesen, worauf sich Alles wieder ins Buch hinein verkroch und er nur froh war, mit dem Leben davon- und wieder herauf zu kommen. Siehe da stand das ganze Dorf versammelt, denn zwölf Stunden war er ausgewesen, da es ihm doch kaum eine gedäucht hatte. Einige alte Leute meinten zu seinem Abenteuer, er sei dem Ziele ganz nahe gewesen und in wenigen Minuten hätte er das Zauberwort finden müssen. Aber der Schneider, den nun seine Angst um Reichthum und Glück gebracht hatte, ist trotzdem nicht wieder hinabgegangen.
Nach einer andern Sage wäre das Buch unter dem Ofen, zwischen den Saugruben, in einer entlegenen Kammer (hier an ketten liegend etc.) eingemauert und sei vom Teufel selbst bei Nacht und Nebel dorthin gebracht worden. Andere nennen es aber Faust’s Höllenzwang. Einmal als der Hausbesitzer bauliche Veränderungen vornahm, kam das Buch dabei zum Vorschein und wurde von ihm verkauft oder verschenkt. Von Stund‘ an aber war’s um seinen Schlaf geschehen, es warf ihn jede Nacht aus dem Bette und nur eins blieb ihm übrig, das Buch wieder an seine alte Stelle zu bringen, wo es noch ist. Ueberhaupt darf weder am Ofen noch am Hause, so hinfällig beide seit Jahrhunderten schon sind, ohne doch einzufallen, etwas verändert werden, und schon das Umsetzen des Ofens rächte sich einst dadurch, daß unzählige Mäuse, Krähen und Dohlen aus ihm herausfuhren. Auch darf, soll Alles wohl gehen, im ganzen Hause nicht geflucht werden, so wie es schließlich für die Hausbewohner nicht gerathen ist, nur mit einer Silbe des Buches zu gedenken. Einmal fing ein Besen, der in der Stube lag, darüber zu tanzen an und machte die tollsten Sprünge, zwei Mädchen aber, die darüber spotteten, zerbläute er den Rücken dermaßen, daß sie mit Heulen und Schreien nach Hause liefen.

aus Eifel „Voigtländisches Sagenbuch“

Die Hexen zu Meuselwitz

Als in den ersten Tagen des Februar 1648 noch kaiserliche Einquartirung in Meuselwitz lag und deshalb verstärkte Nachtwache gehalten werden mußte, bemerkten mehrere Wächter, daß feurige Lufterscheinungen sich über die Kirche hinzogen und in der Gegend der herrschaftlichen Scheune beim Kellerhäuslein niedersenkten. Gleichzeitig hatte ein Viehsterben auf dem Hofe Heinrichs von Clauspruch des Jüngern die Ställe gelichtet. Man nahm nun an, jene Erscheinung am Himmel sei der in Drachengestalt sich zeigende Teufel gewesen und die Viehseuche eine Wirkung desselben. Es kam also nur darauf an, seine Verbündeten und Werkzeuge ausfindig zu machen. Nun wohnte in dem Kellerhäuslein ein Tagelöhner, Martin Eichler, dessen Ehefrau Marie aber, 28 Jahre alt, seit zwei Jahren kränkelte, damals bereits bis zum Skelett abgezehrt, völlig entkräftet und offenbar geistesschwach war, aber in diesem Zustand Aeußerungen über sich selbst und andere Personen gethan hatte, die man für bedenklich hielt und der auflauernden Gerichtsherschaft hinterbrachte. Clauspruch ließ die Kranke erst durch ihren Mann ausforschen, begab sich darauf am 11. Februar selbst zu ihr und fragte sie, ob sie den Drachen habe. Als dies nebst andern daran geknüpften Fragen von ihrr bejaht, auch sofort gerichtliche Aussage der oben erwähnten Wächter beigebracht worden war, ließ er die schon halbtodte Frau in einem Backtroge ins Gefängniß tragen. Dies geschah am 12. Februar und am 13. und 14. erfolgte die Vernehmung durch den Gerichtsverwalter Johann Kind. Den Drachen habe sie vermuthlich von ihrer Mutter in deren Sterbestunde erhalten und zwar mittels eines Stückes aufgewärmten Fleisches, welches diese ihr zu essen aufgenöthigt; darauf habe sie sich mit ihm verlobt und nähern Umgang mit ihm gepflogen, in dessen Folge einige Male garstige Würmer von ihr gegangen seien, er habe sich George genannt (sie nennt ihn aber Saugörge) und einmal sei sie mit ihm zum Tanz auf dem Rupperts- (Bloks-) Berge gewesen. Dies sei das andere Jahr, als sie den Drachen angenommen, am Walpurgisabend geschehen, denn im ersten Jahre habe sie wegen ihrer Krankheit nicht hinauf kommen können. Ueber die nähern Umstände dieser Fahrt befragt, sagte sie, sie habe sich auf einer Ofengabel hinausbegeben, Essen sei oben nicht dagewesen, wohl aber Bier zum Trinken, ein Viertel etwa, auch habe als Einschenker eine Frau fungirt, im untern Gesichtstheile weiß und fein dickblüntzschigt, auch etwas hinkend, wie sie geheißen, wisse sie nicht, aber von Spora sey sie gebürtig gewesen. Das Bier wäre aus Töpfen und Krügelchen getrunken worden, aber hätte nicht gut geschmeckt. Nach ihren Mitschwestern gefragt, bezeichnete sie fünf Ehefrauen und eine Wittwe aus dem Dorfe, die sämmtlich als Hexen mit auf dem Ruppertsberge gewesen seien, ein alter Musicant aber aus demselben Orte, Namens Krombsdorf, habe mit seiner Fidel zum Tanze aufgewartet. Weiter erzählte sie, der Drache habe ihr gleich anfangs zehn Thaler gegeben, wofür sie Einiges eingekauft, etliche Male habe er sie zu sich ins Holz bestellt und hätte dann dort gestanden wie ein kleines Närrchen, hätte einen „Sahm“ Holz zusammengebunden gehabt und ihr solches heimzutragen gegeben, auch hätte er ihr helfen Butter und Käse machen und einen Sommer über etwa zehn Mal, jedesmal eine Wasserkanne voll Milch gegeben, daß sie aber von ihm zaubern gelernt und die Clauspruchschen Pferde und Kühe krank gemacht, davon wisse sie nichts. Gefragt, ob ihre Mitschwestern auch mit getanzt und jede von ihnen einen Buhlen gehabt, bejahte sie solches und beschrieb diese sogenannten Junker als große Männer in gelben Kleidern und rothen Höschen mit schwarzen Mützen. Der Leipziger Schöppenstuhl verdammte die Eichlerin hierauf zum Feuertode, allein sie starb vorher, am 1. März 1648.
Inzwischen war am 23. Febr. der schon erwähnte Hans Krombsdorf, ein 77jähriger Greis eingezogen worden, derselbe leugnete zwar anfangs, allein, als ihm die Eichler ihre Anklage ins Gesicht sagte, gestand er zwar, er habe mit seinem Fidelchen zum Tanze aufgespielt, dies sei aber auf einer Wiese des Junkers von Bünau zu Wildenhain geschehen. Weiterhin bekannte er auf der Folter noch mehr und nannte als eine der Tänzerinnen die Frau des Leinwebers Georg Graulich zu Meuselwitz. Diese leugnete zwar auch, allein nachdem sie am 11. März torquirt worden war, räumte auch sie ihren Umgang mit dem Teufel ein und ward deshalb mit dem Fiedler nach geschehenem Urtheilsspruche am 22. März auf dem Galgenberg lebendig verbrannt. Eine ziemlich bejahrte, lahme Wittwe, Katharina Deckner, war von der Eichler und der Graulich auch als Mittänzerin angegeben worden, der Mann der Graulich ssagte von ihr aus, sie habe vor einigen Jahren einen Schubkarren mit einem Stricke von ihm geliehen, bei der Zurückgabe habe er einen Knoten in dem Stricke gefunden und als er denselben zu lösen versucht, sei es ihm in die linke Hand, besonders in den Mittelfinger gefahren, der so böse geworden, daß ein Glied nebst Beinlein herausgegangen sei, welches er in sein Stubenfenster gelegt, daraus es aber weggekommen sei. Da nun ihre eigenen Söhne für sie nicht einmal Bürgschaft leisten wollten und zugestanden, daß ihr solche Rabenteufelei schon längst Schuld gegeben worden sei, obwohl sie selbst niemals etwas bemerkt, so ward sie ebenfalls eingezogen und am 20. März so furchtbar torquirt, daß sie am 17. Mai daran starb, obwohl der Schöppenstuhl zu Leipzig sie schließlich freigesprochen hatte.
Bald darauf kaufte der schwedische Generalproviantmeister Johann Losse (1649) das Gut Meuselwitz und zu diesem zog ein früherer Soldatenjunge Hans Michael Weinle als Knecht. Derselbe bekam im J. 1650 epileptische Zufälle und obwohl man dies erst für ein Stück der schweren Noth hielt, so überzeugte man sich doch angeblich bald, daß es teuflische Besitzung sei, brachte den Knaben ins Gefängniß und dort gestand er, daß der Teufel in Gestalt einer Jungfrau zu ihm gekommen und ihn zur Unzucht verleitet habe, er habe nun mit demselben ein Bündniß gemacht und von demselben die trockne Taufe auf den Kopf (woher noch sein Kopfschmerz rühre) erhalten, derselbe habe ihn in Gestalt eines kleinen, nur 1/2 Elle langen, aber mit viel längerem Barte versehenen Männchens aufgeweckt und allerlei Kurzweil gemacht, er habe auch vom Teufel eine Salbe erhalten, womit er die Frau Kanzlerin Münch aus Zeitz, die sich damals zu Meuselwitz aufgehalten hatte, die Käsemutter und die Köchin geschabernackt und ihnen Ungelegenheiten und Schmerzen zugezogen. Er bekannte auch, daß ein Lehrer in Prag ihn in der Kunst zu zaubern, Ungezifer und dergl. zu machen, mit andern Knaben unterwiesen habe. Seine Mutter gab über ihn die Aussage ab, er sei bereits in der Schule wegen Versuchs, die Zauberei zu erlernen, castigirt und der böse Geist durch die Jesuiten von ihm ausgetrieben worden, ihr thue nichts mehr leid, als daß ihr Sohn bei den Lutheranern sitze und zur Religion derselben gebracht werden würde. Hierauf ward ihm das Schwert zuerkannt, und er im April 1651 hingerichtet. Nun ward im J. 1672 die 80jährige Wittwe von Georg Mengel, der früher einmal (1663) der Schule zu Meuselwitz Feld legirt hatte, Ursula, welche als Auszüglerin lebte, von ihrer frühern Dienstmagd, Anna Weber, beschuldigt, sie habe vor 20 Jahren Buhlschaft mit dem bösen Feind getrieben, der im Koller und Federbusch zu ihr gekommen sei, auch wimmle es noch jetzt in ihrer Wohnung von Mäusen und unlängst habe man des Nachts gesehen, daß ihr Hof voll Feuer wäre und der Drache sich daselbst niederließe. Da nun überdieß die im J. 1649 verbrannten obgedachten Personen sie damals als Mitschwester bezeichnet hatten, so zog man sie ein und legte sie an eine Kette, und als man bei einer Haussuchung bei ihr einen zweiköpfigen Thaler fand, war man überzeugt, daß sie solchen vom Teufel erhalten habe, man machte ihr den Prozeß und folterte sie auf Befehl des Jenaischen Schöppenstuhls. Sie hielt aber diee Tortur, während welcher sich ein furchtbarer Sturm erhob, aus und bekannte nichts. Gleichwohl ward sie, nachdem sie in Folge der großen ihren angethanen Martern den 6. Decbr. gestorben war, durch den Scharfrichter abgeholt und unter dem Galgen eingescharrt.

aus „Altenburger Kirchengalerie Nr. 61“

Geister zu Uhlstädt, Werfen und Obercrossen

Im J. 1669 erschien einer Wittfrau zu Uhlstädt, einem Marktflecken bei Kahla, bei Nacht der Geist ihres Mannes und verkündigte ihr unter Anderem, daß sie bald sterben müsse, sie hat aber gleichwohl noch viele Jahre gelebt.
1662 erschien der Geist eines Ertrunkenen seinem Bruder G. Geilfuß von Mitternacht an bis gegen Morgen und sprach Vieles mit ihm.
1681 den 21. Novbr. etrank Gell’s Weib in der Saale und erschien als Gespenst 8 Tage darauf ihrem Manne, als er sich eben Abends 8 Uhr niedergelegt hatte, sprach und stöhnte wie bei ihren Lebzeiten, wo sie an Engbrüstigkeit gelitten hatte. Auf Befragen, warum sie käme, antwortete sie, sie habe auf dem Grunde der Saale einen goldenen Ring gefunden, den sie ihm geben wolle. Er weigerte sich, ihn aus ihrer Hand zu empfangen, sie solle ihn aufs Deckbett werfen, was sie auch that. Er versicherte, dies gesehen, gehört und gefühlt, allein freilich am Morgen den Ring nicht gefunden zu haben. Seine Aeltern, welche neben ihm schliefen, wachten darüber auf, hörten ihn reden, standen auf ihn zu fragen, was ihm fehle oder mit wem er rede, aber das Gespenst hörten und sahen sie nicht. Um 5 Uhr Morgens verließ es ihn.
Von Werfen, einem Filialdorfe von Uhlstädt, wird berichtet, daß der Satan vom 23. Novbr. 1702 bis zum 2. Weihnachstfeiertag nach Johann Anders und dessen Hause mir gebranntem Lehm und mit Steinen oft von 3 – 4 Pf. Schwere geworfen habe und zwar meistens von Morgens 6 – 8 Uhr und des Abends von 8 – 9 Uhr, auch nach andern Leuten warf er, aber beschädigte Niemanden, wiewohl er alle Fenster und vieles Andere zertrümmerte. Am schlimmsten trieb er es den 26. Decbr.; nun hielt aber der Pfarrer kirchliche Fürbitten und da hörte es auf.
Zu Obercrossen, einem andern Filial von Uhlstädt, zeigte sich der Geist im Hause Georg Kennert’s 1695 von Januar bis zum Johannisfeste in Gestalt einer Taube, aber nicht körperlich, sondern wie ein halber Nebel, der vor den Augen vorüberzieht. Bald setzte er die leere Wiege in Bewegung, bald gab er seine Gegenwart durch Pochen an der Thüre und andern Orten zu erkennen. Er brachte nichts hervor, was gegen das Wort Gottes gewesen wäre, ermahnte vielmehr, die Predigt zu hören und Buße zu thun. Bei Erwähnung Gottes unterschied er genau die drei Personen, führte schöne Sprüche und Gebete an und schärfte moralische Vorschriften ein. Die Sache wurde offenkundig und gerichtlich untersucht, sowie in mehreren Schriften verhandelt (Bibliotheka Magica 1852), nach dem Johannisfest ist nichts mehr erschienen, allein aufgeklärt ward es nicht.
Im J. 1684 curirte eine Hexe, Namens Katharine Deiner, kranke Menschen und Thiere durch den Spruch:

Verschwind Du böses Gesichte
Wie ich Dich fand,
Wie der Mann verschwand,
Der die Winde wand,
Da sie Gott den Herrn mit an’s Kreuz band!

Verschwinde Tu böses Gesichte
Und Jahre hinweg in ein tiefes Meer
Und lege Dich unten bis auf den Grund
So werd‘ ich wieder gesund!
Im Namen des vaters, Sohnes und Heiligen Geistes. Amen!

aus Löffler „De puella Zittavinesi incantata“ 1702

Das bezauberte Mädchen in Zittau

Einst lebte zu Zittau ein Mädchen, Helene Gottschalck genannt (geb. 1691), die stets von furchtbaren Krämpfen heimgesucht war, lange Zeit von einer Unzahl von Läusen geplagt ward, bis sie aus freien Stücken eine Hand voll vom Kopfe nahm und mit den Worten: „Da hast Du Deine Läuse wieder, Du alte Hexe!“ von sich warf, und so räthselhaft phantasirte, daß man glaubte, sie sei bezaubert. Der Verdacht fiel auf eine gewisse alte Frau, Namens Sabine, die 1700 auf der Pappelgasse mit Gottschalcks Familie in einem Hause gewohnt hatte, und von dem unglücklichen Mädchen selbst als die, welche sie behext hätte, bezeichnet ward. Sie ward also als Hexe eingesetzt, und damit sie die Erde nicht berühre, im Stockhause in Ketten frei aufgehangen.* Doch fand man sie eines schönen Morgens todt (21. Juni 1702), ob sie sich selbst erwürgt oder ob der Teufel ihr den Hals umgedreht, weiß man nicht: sie ward beim Galgen beerdigt. Sonderbarer Weise ward indeß noch in demselben Monat das Mädchen völlig von ihren Uebeln befreit.
* Aehnliches geschah 1678 zu Budissin, wo man einen Dieb und Mörder, der den Teufel hatte, in acht Ketten schwebend hinsetzte.

aus „Altenburger Kirchengalerie“

Pfarrer und Hexenmeister.

Nördlich am Fuße des sagenreichen Falkenbergs in Sachsen liegt das große Dorf Neukirch, gewöhnlich Neukirch am Hochwald genannt, in einem anmuthigen Thale. Der Ort ist bekannt durch ein blutiges Gefecht, welches bei demselben vor der Schlacht bei Bautzen stattgefunden hat. Geht man von Ringenhain her auf der Chaussee nach dem Dorfe, so erblickt man halb nach dem Eintritt in dasselbe die schöne große Kirche neben sich. Unter den geistlichen Herren, die an derselben gewirkt, ist sonderbarer Weise einer in in den Geruch gekommen, sich mit den nichts weniger als theologischen Künsten der schwarzen Magie beschäftigt zu haben. Es ist dies der Pastor Johann George Pech, der am 25. April 1795 in sein Amt eingewiesen worden ist. Viel erzählt die Sage des Volkes von ihm, aber am häufigsten begegnet man nachstehender Mär, in welcher der gelehrte Seelsorger eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Es waren einst in Neukirch einige junge Leute durch Zufall über eins von jenen anrüchigen Büchern gerathen, welche von geheimen Dingen handeln. Der Lob hatt‘ es in einem Winkel auf dem Boden seines alten Vaterhauses aufgefunden und dem Lieb davon unter vier Augen erzählt; der Lieb aber, der nicht sehr verschwiegen war, hatte den Ehr’gott – Ehregott – in’s Geheimniß gezogen, und der Ehr’gott konnt’s nicht über’s Herz bringen und hatte gegen seinen Vetter Toffel von dem Zauberbuche verlauten lassen. Weiter jedoch erhielt Niemand Kenntniß von dem unschätzbaren Buche, das möglicher Weise die jungen Leute sehr reich machen konnte, da es eine Menge Orte in der Umgegend angab, wo noch Geld vergraben lag, und die Mittel bezeichnete, wie man sich dieses Geldes bemächtigen könne.Außerdem handelte es von Beschwörungen, und weil zu einem solchen Experiment nichts Anderes gehörte, als in der Stunde der Mitternacht die Zauberformel abzulesen, so beschloß man, vor der Hand mit einem solchen Versuche den Anfang zu machen, um zu erfahren, ob die in dem Buche mitgetheilte Anleitung sich thatsächlich bewähre.
„Heut‘ Abend,“ sagte der Lob zu seinen Freunden, „kommt um Eilf zu mir, da wollen wir sehen, ob wir der Hexenscharteke trauen dürfen oder nicht.“
Lieb und Toffl stimmten bei, und auch der Ehr’gott ließ, ungeachtet seines Namens, es angelegen sein, noch vor der verabredeten Stunde bei seinem Freunde einzutreffen.
Es war eine unheimliche finstre Nacht, der Sturm schoß in mächtigen Stößen durchs Thal, der Regen klatschte mit Gewalt gegen die Fenster, der alte Birnbaum vor Lob’s Häuschen stöhnte und schnaubte wie Einer, der sich gegen wüthende Angriffe vertheidigt, und er vertheidigte sich ja gegen die Elemente, welche rauschend und heulend in seinen morschen Aesten raseten. Die Burschen im wohlverschlossenen Hause kümmerten sich indeß wenig darum, zum Ueberfluß verriegelte man noch die Fensterladen, dann holte Lob sein Buch herbei, das ganz schwarz aussah und die enge Stube mit Modergeruch erfüllte. Auf dem Tische brannte ein alte Oellampe von Blech, der Docht wurde neu mit Oel getränkt und dann nahmen alle an dem Tische Platz.
Keiner sprach mehr ein Wort, in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. Lob, der die alten Zeichen noch am Geschicktesten zusammenbuchstabirte, war zum Vorleser bestimmt und hatte das geheimnisvolle Manuscript vor sich liegen. Mit dem ersten Schlage der Mitternacht sollte das Werk beginnen.
Die alte Schwarzwälder Uhr hob jetzt auf Zwölf aus und ihr Knarren kam diesmal den Burschen sehr eigentümlich vor; doch theilte keiner dem andern seine Gedanken mit. Wieder trat tiefe Stille in der Stunde ein, draußen rüttelte der Sturm an den Fensterladen, der Birnbaum seufzte und wehklagte, und auf dem Boden ließ eine Katze ihr klägliches Geschrei ertönen, dem bald eine zweite noch kläglicher antwortete.
Da schlug es zwölf, und noch während der Kuckuck an der alten Schwarzwälder in einem fort schrie und die Flügel dazu bewegte, buchstabirte Lob schon mit möglichstem Fleiß in den altmodischen Zeichen, die häufig mit rothen und blauen Zeichen verziert waren und ihm dadurch nicht wenig zu schaffen machten. Und immer tiefer las er sich beim Qualm der dampfenden Oellampe in die schnörklichen Buchstaben hinein, und die Andern horchten aufmerksam, als wäre es in der Kirche bei einer Trauung oder Leichenpredigt.
Der Erfolg lies nicht lange auf sich warten; denn plötzlich entstand ein sonderbares Geräusch in der Ofenpfanne, der Deckel sprang auf und mit gellendem Meckern sprang ein kohlschwarzes Böcklein daraus hervor, das sehr bald anfing auf seinen Hinterbeinen sich zu erheben und nach seinem Schatten an der Wand zu stoßen. „Da haben wir’s,“ sagte Lieb leise, „der Zauber wirkt. Klappe dein Buch zu, Lob, wir wissen, was wir wissen wollen, das ist für heute genug. Morgen geht’s auf den Falkenberg, die Braupfanne mit Gold zu holen, die dort vergraben liegt.“
Aber Lob, einmal im Eifer, war durchaus nicht dieser Meinung, sondern las, nach einem vorwurfsvollen Seitenblick auf seinen Gefährten, herzhaft weiter. Und siehe da! immer reicher entfaltete die Beschwörung ihre geheimnißvolle Kraft. Die kupferne Pfanne schien unerschöpflich, immer aufs neue that sich der Deckel auf, um eine Menge zahmes und wildes Gethier auszulassen, und halb war die Stube angefüllt mit schwerfälligen Eulen und plappernden Elstern, mit krächzenden Krähen und schwirrenden Fledermäusen. Zu dem schon vorhandenen Böcklein gesellte sich noch eine Menge anderer nebst vielen andern langgeschwänzten und krummgehörnten unbekannten Geschöpfen, welche im wirren Knäul, in der Stube herumdrängten.
„Eine schöne Bescherung!“ seufzte Toffel mit kläglichem Blick auf seine Freunde, „höre um des Himmels willen auf, Lob, mir stehen die Haare zu Berge!“
„Mir auch,“ betheuerte Ehr’gott, dem eben eine Fledermaus an die Nase geflogen war.
Der Lieb wollte auch etwas hinzufügen; doch blieb ihm das Wort im Munde stecken, als er plötzlich von hinten einen wohlgezielten Stoß mit einem Faustschlage vergolten, der allenfalls einen Ochsen niedergestreckt haben würde; aber heute schien es ihm doch rathsam, dem Angriff nur passiven Widerstand entgegenzusetzen.
Lob war jetzt am Ende seiner Beschwörung und hätte mit dem glänzenden Erfolge derselben sehr zufrieden sein dürfen, wenn nicht plötzlich der hinkende Bote nachgekommen wäre und eine früher übersehene Anmerkung in dem Buche ihn belehrt hätte, er müsse, um seine Gäste wieder in die Ofenpfanne zurückzubannen, die Zauberformel – rückwärts lesen.
Rückwärts lesen! Der arme Lob kratzte sich in höchster Verlegenheit hinter seinen ansehnlichen Ohren – er hatte zwar im Katechismus und Gesangbuch vorwärts lesen gelernt, aber rückwärts lesen hatte ihn sein alter Schulmeister nicht gelehrt.
Große Verlegenheit! Lob theilte seinen Freunden den kitzlichen Uebelstand mit, die sich nun ebenfalls hinter den Ohren kratzten, – ein Ausdruck der Verlegenheit, durch den ermuthigt das anwesende Gethier anfing, strategisch ganz vorzügliche Angriffe auf die Beschwörer zu unternehmen. Der enge Raum wurde zum Schauplatz eines hartnäckigen Kampfes, und je eifriger die Angegriffenen bemüht waren, ihre Gegner von sich fern zu halten, desto häufiger und energischer arbeiteten die Hörner der Böcklein an ihren Rippen. Stoß auf Stoß erfolgte, und dabei meckerten die Bestien boshaft einander zu, als ob sie sich gegenseitig zu neuen Experimenten anfeuern wollten.
Ohne alle Frage war die Lage der armen Burschen trostlos genug, besonders die des am Meisten betheiligten Lob. „Da haben wir’s,“ wehklagte Lieb, „ich fühle meinen Leichnam nicht mehr und muß schon ganz schwarz angelaufen sein, wie ein alter Schwert-Groschen. Lob, lies das Teufelsbuch zurück, oder ich vergreife mich an Dir!“
„Ja, Lob, lies das Buch zurück oder ich falle mit Lieb über Dich her,“ stimmte auch Toffl bei. „Ich bin morsch an allen Gliedern und trage einen Knax auf zeitlebens davon. Deine verdammte Hexengeschichte!“
Schließlich betheuerte auch Ehrgott, den Lob „windelweich brechen“ zu wollen, wenn er nicht sofort das Viehzeug entferne, so daß der unglückliche Beschwörer in die äußerste Verlegenheit gerieht. Aber da kam ihm plötzlich ein Gedanke, wie ein Lichtstrahl fiel es in die Nacht seiner Bedrängniß, und mit dem Ausrufe: „Bleibt nur hier, ich werde sogleich Hülfe herbeischaffen!“ stürmte er durch ein Fenster in’s Freie und geraden Wegs der Pfarrwohnung zu. Der Prediger saß noch angekleidet in seinem Studirstübchen, mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, als sein Beichtkind athemlos hereinstürzte und ihm in abgebrochenen Sätzen von seiner Bedrängniß ein lebhaftes Bild entwarf. Der Pfarrer winkte ihm Stillschweigen zu, als er gar nicht fertig werden konnte.
„Schon gut, schon gut, ich weiß, was Du mir sagen willst … ich habe schon seit einer Viertelstunde auf Dich gewartet!“
„Um so besser, Herr Pastor, so sei Er nur so gut und komme Er, uns aus unserer Bedrängniß zu helfen, ich will auch in meinem Leben kein Zauberbuch mehr in die Hand nehmen. Komm‘ Er schnell und les‘ Er das Buch zurück, sonst wird der Lieb noch zu Schanden gestoßen und der Toffel zu Brei gequetscht. Ich selber bin schon ganz contract am ganzen Körper … .“
„Gerechte Strafe für Deinen Vorwitz!“ warf der Pfarrer trocken hin.
„Er will uns also nicht helfen?“ heulte Lob, der die Bemerkung des Pastors anders deutete.
„O doch,“ beruhigte der Seelsorger, indem er nach seinem Stock langte, „komm‘, Lob, wir wollen dem Spuk zeigen, daß wir Gewalt über ihn haben!“
Bald war man an Lob’s Hause angelangt, das Fenster stand noch auf und Pastor und Geisterbeschwörer nahmen durch dasselbe ihren Weg in das Innere, wo noch immer gekämpft wurde. „Gott sei Dank, ich komme nicht zu spät,“ sagte der Pfarrer, griff nach dem Buche und las es ohne Umstände rückwärts, worauf das Gethier, durch den Zauberspruch genöthigt, seinen Rückzug in die kupferne Ofenpfanne antrat. Elstern, Eulen, Krähen und Böcklein verschwanden allgemach, und mit dem Schlage Eins war nicht eine der Bestien mehr in der Stube. Nachdem die letzte verschwunden, legte der Pfarrer das Buch weg, mit den ernsten Worten: „Wohl Euch, daß ich noch fertig wurde! Wäre nach dem Schlage Eins noch ein einziges der höllischen Bilder hier verblieben, so hätte Euch der Böse den Hals umgedreht!“ Das klang freilich sehr schauerlich; doch die Burschen waren ja von der Gefahr befreit und schöpften wieder Atem. Der „alte Pech“ aber kanzelte sie noch tüchtig ob ihres verwegenen Beginnens herunter, und ließ sich von ihnen das Versprechen ablegen, daß sie nie wieder mit ähnlichen Dinge sich beschäftigen wollten. Die jungen Leute, die im Gefühle ihrer Rettung sonst etwas versprochen haben würden, legten das Gelübde freudig ab, und der Pfarrer verließ sie, nachdem er das Teufelsbuch an sich genommen, das seitdem für immer verschwunden ist. Die Braupfanne mit Gold ruht noch unversehrt im Falkenberge; Niemand mehr weiß den Zauberspruch, der sie aus der Tiefe hebt, und die einzige Kunde, wie dies geschehen könne, ist für alle Zeiten verloren.
Lob und Genossen haben ihr Versprechen redlich gehalten, und sich, in Erinnerung der grauenhaften Nacht, wo sie beinahe dem Teufel verfallen, nie mehr mit Dingen abgegeben, die dem besten Christen allenfalls den Hals und die Seligkeit kosten können. Aber alle Vier sind jung gestorben, an einem Knax, gerade nicht am Körper, aber im Herzen, und den haben sie nicht verwinden können ihr Leben lang.
Pastor Pech schlummerte am 25. April 1808 in die Geheimnisse des Jenseits hinüber. Seine Frau hatte er schon früher durch den Tod verloren. Während ihres Begräbnisses, als der Sarg schon vor der Pfarrwohnung stand, soll die Selige aus einem Fenster im ersten Stock ihrer Beerdigung zugesehen haben. Alles war erstarrt vor Erstaunen und Furcht, der Pfarrer aber, schnell gefaßt, hat ein weißes Taschentuch hervorgezogen und nach dem Fenster hinauf gewinkt, darauf ist der Schatten sogleich verschwunden.
Als Pech endlich selbst der Natur ihren Tribut bezahlte, will man, während er bestattet wurde, seine ehrwürdige Gestalt an einer Maueröffnung des Thurmes bemerkt haben. Vor seinem Tode hatte er seinen Angehörigen befohlen, einige seiner Bücher, namentlich das sechste und siebente Buch Moses, in deren Besitz er war, nach seinem Abscheiden zu verbrennen. Als dies nicht geschah, ließ sich der Geist des Pfarrers mehrmals mahnend sehen; einmal soll er sogar durch die Esse, gleich einem Sturme, eingefahren sein, worüber eine Magd bis auf den Tod erschrak und starb. Die Bücher wurden endlich vernichtet und der Spuk hörte auf.

nach mündlicher Überlieferung von Eduard Kauffer

Der Churfürsten Georg III. und IV. Bezauberung durch die Frau von Reitschütz

Die Frau von Reitschütz, eine geborene von Haugwitz, Mutter der bekannten Gräfin von Rochlitz, soll, wie aus den Untersuchungsacten, welche nach dem Tode ihrer Tochter über deren Verhältniß zum Churfürst Georg IV. geführt wurden, hervorgeht, eine arge Zauberin gewesen sein. Es ward constatirt, daß sie Fledermausherzen unter ihrem Stuhle genagelt hatte, um im Spiele zu gewinnen, sie trug ihr Spielgeld in einem Beutel von Fledermaushäuten und soll einen Diebsdaumen gehabt haben.
Sie pflegte Umgang mit einer gewissen Zauberin Namens Baumeisterin, der Hexe Margarethe aus dem Dorfe Zinnig im Spreewald, der Traummarie, dem Dresdner Scharfrichter Melchior Vogel und vier andern Zauberinnen. Eine ihrer Vertrauten, Namens Krappin, soll ausgesagt haben, die Gräfin, sie und die Margarethe hätten durch Zauber den Churfürsten Georg III. umgebracht, indem sie (wahrscheinlich ein wächsernes Bild von ihm) ihn im Feuer getödtet, so daß sein Herz im Leibe gebrannt wie ein Licht: und allerdings fand sich auch bei der Section des Körpers sowohl das Herz als der ganze Leib blutleer. Sie hat auch ihre Tochter gelehrt, gewisse Zaubercharactere, die ihr ihr Sprachlehrer Saladin mitgetheilt, sich mit einer Rabenfeder in die Hand zu schreiben, wenn sie den Churfürsten anrührte, und am Charfreitag in der Bartholomäuskirche zu Dresden ein Schächtelchen versiegelt und an sich genommen, worin sich verschiedene Gegenstände ihrer Tochter und des Churfürsten, die mit dessen Schweiß und dem Blute jener benetzt und in zwei Säckchen gewickelt waren, um die Liebe beider unauflöslich zu machen, befanden; vorher war es aber heimlich auf dem Altar, als man die Passion sang, gesetzt worden, um den Segen darüber sprechen zu lassen.
Bekanntlich starb nun die Rochlitz am 4.April 1694 an den Blattern und der Churfürst, von denselben angesteckt, folgte ihr am 27.Apri 1694, und kurz nach seinem Tode ward ein Hexenproceß gegen die Frau von Reitschütz eingeleitet,worin sie angeklagt ward, den Churfürsten Johann Georg III., um den Churfürsten Johann Georg IV. zur Regierung zu bringen, durch Zauberei ermordet, und diesem durch Zauberei Liebe zu ihrer Tochter eingeflößt zu haben. In Folge davon ward der Leichnam der letztern aus der Hofgruft in der Sophienkirche ausgegraben, weil Verdacht vorhanden war, daß ihr von ihrer Mutter nicht blos das Portrait des Churfürsten mit einem gespaltenem Pensee-Bande, sondern auch in Papier eingewickelte Haare und das Haarband des Churfürsten, trotzdem daß dieses auf Anrathen des Leibmedicus der Leiche vorher abgenommen worden war, in den Sarg mitgegeben worden sei, und wirklich fanden sich, außer verschiedenen Ringen, am Kinne der Leiche einige braune Haare in ein Papier gewickelt, am Beine ein gelber Schwamm und am linken Arm ein schwarzes mit Atlas überzogenes Haarband, das sehr fest umgestreift war, und hinter dessen Ellenbogen Sr. Churf. Durchlaucht Portrait an den vier Enden mit größern Diamanten besetzt, das mit einem ponceaufarbenen Bande stark verbunden, aber mit den weiten Aermeln wohl verdeckt war. Daß mit allen diesen Dingen offenbar gewisse sympathische Wirkungen erzielt werden sollten, versteht Jeder, dem das sogenannte Bannen bekannt ist.
Der Proceß endigte auch mit der Verurtheilung sämmtlicher Inculpaten, die Traummarie ward dreimal gefoltert und kam an den Pranger, die Hexe Margarethe und der Scharfrichter starben, nachdem sie dreimal torquirt worden waren, im Gefängnis (1695), die alte Reitschütz aber, welche ebenfalls den ersten Grad der Tortur ausgestanden, starb erst lange nachher (1713), eigentlich straflos, weil ihr Proceß niedergeschlagen worden war, auf dem Gute Gaussig bei Bautzen.

aus Hitzig „Annalen für die Criminalrechtspflege“ 1849

Der Melinenborn zu Leisnig

Den 9. November des Jahres 1615 wurde zu Leisnig eine Mutter mit zwei Töchtern wegen getriebener Zauberei lebendig verbrannt. Ehe solche zur Haft gebracht ward, fürchtete sich Jedermann vor ihr, und weil es geheißen, sie behexten die Leute, die ihnen nicht eine Gutthat erzeigten, so ward ihnen von allen Hochzeiten, Kindtaufen und sonst Speise geschickt. Sie haben auf der Neusorge gewohnt, und war die Brennsäule noch im ersten Viertel des 18.Jahrhunderts zu sehen. Bei der Execution sollen schwarze Raben um und aus dem Feuer geflogen sein. Ihr Name ist Meline gewesen und wird noch ein Born am Minkwitzer Meßwege auf einer Wiese von ihr bis diese Stunde Melinenborn genannt, weil sie bei demselben mit dem bösen Geiste zu thun gehabt haben soll.

aus Kamprad „Chronik von Leisnigk und Colditz“ 1753

Jemand wird an einen Ort gebannt

In den Thürmen des Rochlitzer Schlosses, die man vor Zeiten die Rochlitzer Jupen nannte und von ihnen sagte, daß, wer sie anhabe, der erfriere nicht und werde auch nicht von den Wölfen gefressen, lag im J. 1530 ein Böhmischer Edelmann gefangen. Der kam jedoch mit sonderbarer Behendigkeit an einem Strohseile heraus und ward frei. Da hat ein katholischer Pfaffe seine Zauberei gebraucht, daß er nicht fortkommen konnte, ob er schon eine halbe Meile weg gewesen. Der Pfaffe kehrte nämlich die Bilder in der Kirche um, daß sie den Rücken gegen das Volk zu wendeten. Nun sagte der wiedergefangene Edelmann aus, daß er oft einen weiten Weg gegangen und gemeint, er wäre weiter als eine Meile von der Stadt, allein je weiter er gegangen, desto näher wäre er wieder zum Schlosse gekommen. Doch ward ihm hernach das Leben geschenkt.

aus Heine „Historische Beschreibung der Stadt und Grafschaft Rochlitz“ 1719

Die unterbrochne Schatzgräberei zu Schneeberg

Es befand sich zu Schneeberg ein Mann, Namens Bauer Schnurr, welcher mit etlichen Schatzgräbern ein Complot gemacht, auf seinem Maltz-Haus-Boden durch ordentliche Citirung der Geister zu vernehmen, wo und wie man in dieser Gegend Schätze graben und finden könnte. Als nun die Obrigkeit hiervon Kenntniß erhalten, hat sie durch Gerichtsdiener diese Bösewichter überfallen und hatte man drei dieser Schatzgräber, einen Schmiedeknecht, einen Ingenieur aus Eisenach und einen Müller aus Wildenfels inhaftirt, einer aber, ein gewisser Hans Tietze aus Sangerhausen ist entsprungen, dem der sogenannte Bauer Schnurr auch gefolgt ist. Man hat nun aber folgendes gefunden. Unten auf dem Maltz-Haus-Boden war ein großer Kreis, 34 Ellen in der Runde geschlossen, mit Kreide dreifach hinter einander abgezeichnet. In dem einen waren viele Kreuze gemalt, in dem andern viele geistliche Sprüche eingeschrieben und in dem dritten wieder unterschiedliche Kreuze, auch andere Namen und Charactere mit Kreide abgezeichnet zu sehen und in der Mitte des Kreises stand ein mit einem weißen Tuch bedeckter Tisch, der hin und wieder mit Blut besprengt war, über diesem Zirkel und Tisch an der Decke waren angemalt allerhan Himmelszeichen und Sterne und auf die Papiere allerhand Sprüche geschrieben, so hingen. In der Mitte an der Decke war aber auf Papier abgemalt das Leiden Christi und allerhand Sprüche, ingleichen wiederum hebräische Buchstaben, unter dem Tische ein großes Kreuz, darauf der Tisch stand, dann auch eine Räucherpfanne mit Kohlen und die Schatzgräber hatten an diesem Tische, worauf die Bibel, der Psalter und ein Evangeliumbuch, sowie ein hölzernes Crucifix lagen, gesessen. Am Eingange des Kreises oder Zirkels war eine Oeffnung von 9 Ellen gelassen, auf selbiger aber fand man die Evangelisten und Apostel abgezeichnet, wobei wieder eine Bibel lag.
Nach einem andern Bericht waren in dem ersten Zirkel der 12 Apostel Namen geschrieben und jedesmal zwischen ihren Namen ein Kreuz, dem andern Zirkel die 7 Planeten und nach allen vier Ecken dieses Zirkels ein Crucifix, am Eingange des Zirkels war ein großer Bogen Papier, welcher zum Eingehen überschlagen wird, darauf das Evangelium Johannis stand. In dem mittlern Zirkel zwischen den Planeten standen allerhand Sprüche als „Gott bewahre mich, Gott behüte mich etc.“ und hebräische Buchstaben und außer dem Zirkel war ein Stuhl gesetzt.
Ob nun die Schatzgräber wirklich etwas tentirt und gefunden haben, desgleichen was mit ihnen geworden, darüber verlautete nichts.

nach „Vorläufige kurze doch zuverlässige Nachricht von denen in Citirung der Geister begriffen gewesenen Schatzgräbern, so am Sonntag Lätare, als den 22.März 1716 in der Chursächsischen Ober-Ertzgebirgischen Bergstadt Schneeberg auf Obrigk. Befehl überfallen und theils in gefängliche Verhaft gebracht worden.

Gedruckt nach dem Leipziger Exemplar 1716 in 4 S.a.Histor. Nachr. von unterird. Schätzen von Variamando; 1738

Eine Hexe wird zu Großenhayn verbrannt

Am 18.Sept. 1506 ward eine alte Frau, die schwarze Matthesin, zu Großenhayn als Hexe verbrannt, weil sie den Leuten böse Beulen und Elben gemacht haben sollte und unter der Tortur (vor Schmerzen) ausgesagt hatte, daß sie ein Bündniß mit dem Bösen gemacht und mit ihm gebuhlt habe: es sei auch aus dieser Verbindung ein Molch hervorgegangen.

aus Chladenius „Materialien zur Großenhayner Stadtchronik“ 1788

Eine Hexe wird zu Dresden verbrannt

Am 20.Julius des Jahres 1585 ist vor dem Wilsdruffer Thore zu Dresden eine Zauberin, Namens Helene Wiedemannin, verbrannt worden, welche vorher in der Tortur und auch sonst gütlich gestanden, wie sie in ihrer Jugend von einem Mönch zu Camenz die Zauberkunst gelernet und dieselbe 27 Jahre lang getrieben; unter andern hätte sie Hannsen von Taubenheim zu Noschkowitz, welcher bei churfürst August, um des von seinem Weibe getriebenen unfertigen Wesens Willen, in Ungnade gekommen, durch Zauberei wieder zu Gnade zu bringen sich beflissen. Auch hätte sie bekannt, es wäre durch sie ein Weib zu Sebnitz, die Peter Hellin oder Strobischen genannt, geringer Ursachen und um Feindschaft wegen dermaßen bezaubert worden, daß sie vier stumme Kinder durch Gottes Verhängniß nach und nach zur Welt gebracht, wie sich es dann auch in der Erkundigung also befunden.

aus Weck „Dresdner Chronik“

Hexen zu Dresden verbrannt

Am 23. Juli des Jahres 1585 ist zu Dresden auf dem Altmarkte Sophia von Taubenheim auf Noschkowitz enthauptet worden, weil sie die eheliche Treue gebrochen und hren Mann, der churfürstlicher Hofrath war, wieder in die verlorene Gunst des Churfürsten August bringen wollte. Ihre Gehülfin im Zaubern, Helene Wiedemannin van Glashütte, welche in ihrer Jugend die Hexerei von einem Mönche zu Camenz erlernt und 27 Jahre getrieben haben sollte, hier aber des Churfürsten Kleider gekocht hatte, war den 20.desselben Monats bereits vor dem Wilsdruffer Thore verbrannt worden.

aus Hasche „Diplomatische Geschichte von Dresden“

Hexe zu Dresden hingerichtet

Im Jahre 1640 ist zu Dresden Elisabeth Hanitzschin hingerichtet worden, weil sie eine gewise Tischerin dadurch verdorrt hatte, daß sie mit Hilfe des Teufels, der bei ihr den Namen Hauptmann Meden führte, der Tischerin Haar, eine Troddel von der Handquele, ein tück von der Tischecke, einen Spahn von der Justiz (Galgen), für 3 Pfg. Darant (Enzian), für 3 Pfg. Wiederthon samt Rindsblut in Teufels Namen in einen Topf gethan, aufs Feuer gesetzt und eingerührt und dazu in Teufels Namen gesagt „Hauptmann Meden soll die Tischerin revidiren und mitnehmen“, worauf diese und ihr Mann auch gebrechlich wurden.

aus Weber „Aus vier Jahrhunderten“

Die sechs Teufelskünstler in Leisnig

Als drittes Wahrzeichen zeigte man an einem Scheunthore vor dem Oberthore zu Leisnig sechs Männer in Stein gehauen, welche mit ihren Leibern und Gesichtern in einem Kreise also auf der bloßen Erde liegen, daß sie sich mit den Füßen alle einander berühren, während in der Mitte ein Raum mit Charakteren bezeichnet ist. Dazu hat folgende Begebenheit Anlaß gegeben. Ein Bürger aus Leisnig, Namens Johann Richter, ein Kupferschmied, gerieth, als er im 17.Jahrhundert auf der Wanderschaft ist, zu Prag in Böhmen unter eine böse Gesellschaft, welche, um Teufelskünste zu lernen, sich auf einen Kreuzweg begaben und sich nach oben beschriebener Figur mit ihren Leibern und Gesichtern auf die Erde legten und das Verlangte erwarteten. Dieser Johann Richter willigte aber nicht ein, sondern geht davon. Nach der Zeit erfährt er, daß diese Gesellen allerlei Künste an den Tag gaben, und was Andern nicht möglich gewesen, ist bei ihnen möglich geworden; er hat aber weiter auch in Erfahrung gebracht, daß einer nach dem andern schändlich ums Leben gekommen und nach anderthalb Jahren keiner von ihnen allen mehr am Leben war. Darum hat er Gott vielmals gedankt, daß er ihn von dieser Gesellschaft geholfen, und diese böse Geschichte zum Gedächtniß in Stein hauen lassen.

aus Kamprad „Chronik von Leisnigk und Colditz“ 1753

Die Zaubermartha zu Wurzen

Im Jahre 1615 ist zu Wurzen eine Zauberin gewesen, die lange Martha genannt, welche bekannt hat, daß sie etliche Kinder umgebracht, die Leute angehaucht und verderbt, auch mit dem Teufel 7 Jahre lang zu thun gehabt. Sie hat auch Christum verlacht, und ihre Uebelthaten wegen verbrannt werden sollen. Allein eines Tages hat man sie in dem gefängniß vor dem Eilenburgischen Thore todt gefunden und hat an vorgegeben, sie sei vom Teufel umgebracht worden. Ihre Gehilfin, Anna Zschauin ward am 18. Juli 1615 torquirt und aus dem Lande gejagt.

aus Schöttgen „Aus vier Jahrhunderten“

Die Wettermacher zu Leipzig

Einst haben zwei vornehme Männer sich in Gegenwart M.J.Rüdingers über das, was sie in ihrer Jugend begangen, mit einander unterhalten ud Folgendes erzählt. Als sie zu Leipzig studiret, haben sie ihrem Famulus sein Schwarzkünstlerbuch genommen und beim Spazierengehen mitgenommen und darin eine mit gewisse Worten und Characteren und sonderbaren Werken und Verrichtungen beschriebene Kunst, Wetter und Donner zu machen gefunden. Nun haben sie auf freiem Felde gesehen, daß kein einziges Wölkchen am Himmel gewesen, und so hat einer von der Gesellschaft angefangen,ob sie nicht ein Kunststück aus ihres Famuli Buche versuchen wollten. Einige habe ja, Andere nein gesagt, da aber die meisten Stimmen gegolten, und diese dafür gewesen, die Kunst zu probiren, hat Jeder etwas dabei thun müssen. Der Eine hat den Kreis machen, ein Anderer ein Grüblein graben, der Dritte Wasser holen und hinein gießen, der Vierte die hineingemengte Materie umrühren, der fünfte die Charactere malen, der Letzte aber die im Buche vorgeschriebenen Worte im Kreise vorlesen müssen. Darauf hat es sich aber zugetragen, daß, so hell der Himmel zuvor gewesen war, so dunkel er jetzt ward, und jemehr sie fortfuhren das vorgeschriebene Werk zu verrichten, desto schwerer hat sich das Gewitter gezeiget. Darauf sind sie auf die Kniee gefallen und haben mit aufgehobenen Händen zu Gott gebetet, daß er ihnen solches, was sie aus Fürwitz gethan, um des Teufels Macht zu probiren, um Christi Willen vergeben möge, sie wollten auch Zeit ihres Lebens es nimmermehr wiederthun und Alle davon abmahnen. Darauf ist allgemach das Gewitter wieder vergangen und der Himmel schön und hell geworden, sie haben aer das Buch in die nahe fließende Pleiße geworfen, so zwar, daß sie es vorher aufgeblättert und aufgesperrt und Steine an die Ecken gebunden, daß es desto eher im Wasser verderbt würde.

aus Misander „Deliciae Historicae“

Der Teufelsbeschwörer im Leipziger Universitätscarcer

In Leipzig lebte zu Anfange des vorigen Jahrhunderts ein Advocat Namens Un.,der sich verschiedene ungesetzliche Dinge hatte zu Schulden kommen lassen und deshalb ins Paulinercarcer kam, dort beschloß er den Teufel zu citiren, der ihm so viele Schätze bringen sollte, als ernöthig zu haben meinte, um aus dem Carcer zu kommen. Er ieß sich also einen vollständigen Zauberkreis mit andern dazu gehörigen Beschwörungsinstrumenten dorthin bringen, um seine Absicht auszuführen Es ist ihm auch nach Aussage der Zeugen die Sache soweit gelungen, daß der Teufel nach seiner vorgenommenen Beschwörung tanzen und singen mußte, man hat auch von glaubwürdigen Zeugen gehört, daß man in seiner Kammer, in der er eingeschlossen war, bald einen Hahn krähen, bald eine Henne glucksen, bald einen Hund bellen, bald eine Katze miauen und dergleichen herrliche Musik mehr hörte, ob er aber im Uebrigen seinen Zweck erreicht hat, ist nicht bekannt geworden.

aus „Monatliche Unterredungen aus dem Reiche der Geister“ 1731

Der Schwarzkünstler zu Geyer

Vor vielen Jahren ward zu Geyer ein Todtengräber gefangen genommen und in einen Thurm gesetzt, so daß er mit den Füßen die Erde nicht hat berühren können – man glaubte früher nämlich, daß Zauberer und Hexen, wenn sie die Erde nicht berühren könnten, unschädlich würden, sperrte sie daher oft in eiserne Käfige ein -.Er hatte seine Frau ermorde, ihren Mund mit schwarzen Beeren angestrichen, als sei sie an der Pest gestorben, alsdann ihr den Kopf abgeschnitten, das Herz aus der Brust genommen, verbrannt, solches auf die Straße ausgestreut und wer darüber gegangen, ist gestorben. Seines Kindes Kopf hat er an die Feuermauer gehängt, so viele Tropfen Blutes von ihm gefallen, so viele Menschen sind gestorben. Dann hat er die sterbenden Leute aufs Gesicht gelegt und ihr Sterben hat kein Ende genommen. Drei Ruthen hat dieser Mann ausgesteckt, eine nach Annaberg, die andere nach Schweinitz, die dritte nach Alterle (Elterlein?). Zuletzt hat er erzählt, wie viel Glück er mit seiner Kunst in großen Städten gemacht habe. Er meinte, wenn er nur die Erde oder einen Kreuzweg oder eine Dachtraufe erreichen könnte, so wollte er sich schon die Freiheit verschaffen.

aus Lothar „Volkssagen und Märchen“ 1820

Die Hexen zu Schellenberg

Im Jahre 1529 sind zu Schellenberg im alten Schloß, welches an der Stelle der vom Churfürst August erbauten Augustusburg stand, die beiden Hexen, die alte und junge Rodin, weil sie mehrmals zu Schönerstädt au dem Hexensabbath gewesen, Diebsdaumen verkauft, untreue Männer durch Zaubermittel zu iren Frauen zurückführen gelehrt, Hexen gesotten und Abwesende citirt, torquirt, und dann wahrscheinlich hingerichtet worden.

aus Weber „Aus vier Jahrhunderten“