Das alte Island

Das alte Island

Island ist das am längsten menschenleer gebliebene Land unseres Erdballs. Es waren jedoch nicht die Skandinavier, die als Erstes ihren Fuß auf den Inselboden setzten. In Südostisland wurden 3 römische Münzen des 3.Jh.n.0 gefunden. Wahrscheinlich von römischen Schiffbrüchigen, die es von den britischen Inseln aus nach Norden verschlagen hatte.

um 800
kamen dann irische Anachoreten – eine extreme Form der Einsiedelei

825
berichtet der Ire Diciul vom Lande Thile – später Thule; davon hörten auch die norwegischen Wikinger, die zu der Zeit in Irland & Schottland saßen

Mitte des 9.Jh.
besiedelten die Norweger die Färöer – der Weg nach Island war nicht mehr weit

860 – 870
3 Männer kamen nach und nach auf die Insel:
1. Gardar Svávarsson, ein Schwede, kam auf dem Weg zu den Hebriden an der Nordspitze Schottlands vom Kurs ab, umfuhr Island, überwinterte an der Nordküste & kehrte zurück.
2. um 860 kam Naddodd, ein Norweger, auf dem Weg zu den Färöern vom Kurs ab, landete an der Ostküste Islands und kehrte wegen Wintereinbruch sofort um – nannte das Land aber Snaeland = Schneeland.
3. Flóki Vilgerdarson, ein Westnorweger aus Rogaland, war der Erste, der mit Vieh vor hatte auf Island zu siedeln. Er fuhr über die Shetlandinseln, dann Färöern an die Südküste Islands bis zur Westküste. Raben hatten ihm den Weg gewiesen. Trotz dessen, daß es Frühjahr war, traf er als erstes auf einen vereisten Fjord und gab der Insel frustriert den Namen Island. Überwältigt vom Fischreichtum der Insel, kümmerte er sich nicht vorausschauend um Winterfutter für sein Vieh, weshalb es den Winter nicht überlebte. Daher mußte er aufgeben und im Frühjahr wieder zurück nach Norwegen segeln. Im nächsten Jahr kam er mit neuem Vieh wieder und blieb.

870
kam Ingolf Arnarson, der als 1. Isländer bezeichnet wird. Er überwinterte an der Südküste. Sein Bruder segelte weiter und siedelte an der Westküste bei Vik. Er wurde von seinen Sklaven erschlagen, die sich dann auf den Westmännerinseln versteckten. Ingolf rächte seinen Bruder und siedelte auf dessen Hof nieder – dort wurde später Reykjavik gegründet.

874 – 930
jetzt beginnt die Landnahmezeit Islands – neuere Berechnungen sind der Meinung, daß Ingolf Arnarson nicht vor 885 angekommen sein kann und auch daß die Besiedlung länger gedauert hat. Das „Landnámabok“ Islands erzählt sehr ausführlich von dieser Zeit, obwohl es erst im 13.Jh. niedergeschrieben wurde. Es erzählt von 400 Anführern und ihren Familien, ihrer Landnahme, Ihrem Glauben & Sitten. Da Island durch seinen regen Vulkanismus nur in Küstennähe bewohnbar ist, war Siedlungsland bald vollständig vergeben und es konnte auch kein neues Land dazugewonnen werden. Da die Skandinavier mit ihrem Vieh Saetr-Wirtschaft betrieben, das ist eine Art Sennwirtschaft wie in den Alpen, suchte man wegen der Hochlandweiden die Nähe zum Gebirge. Die ersten Siedler teilten das Land unter sich auf. Alle die nach ihnen kamen, mußten sich mit immer weniger Land zufrieden geben.
Island wurde in der ersten Phase der großen Wikingerzüge besiedelt. Da auf einem Wikingerschiff allgemeine Gleichberechtigung herrschte, wollten die sich zur Ruhe setzenden Wikinger in ihrer neuen Heimat, die noch unter keiner Königsherrschaft stand, diese Freiheit & Gleichberechtigung weiterleben.
Nach einem alten Rechtssatz gilt ungenutztes Land als herrenlos und darf sich angeeignet werden. So schwand wieder die Macht der ersten Siedler, die sich zuviel Land angeeignet hatten, weil sie nicht im Stande waren es zu bestellen. So entwickelte sich eine gewisse Gleichheit. Die ehemaligen Anführer aus Königs- & Jarlsgeschlechtern waren bald im Stand eines Gemeinfreien und einstige Sklaven und Freigelassene waren ihnen fast gleichgestellt. Die meisten Einwanderer waren Norweger, größtenteils aus Tröndelag und Halogaland, wenige Schweden aus Götaland und nur ein Däne, Sohn des Entdeckers Gardar. Da viele Norweger von Schottland und den Färöern aus nach Island übersiedelten, kam auch viel keltisches Blut auf die Insel und somit auch Christen. Die ersten christlichen Einsiedler, von den Wikingern Papi genannt, waren schon frühzeitig beim Eintreffen der Nordmänner geflohen. Die Besiedlung Norwegens wurde gefördert durch die Einigung Norwegens unter Harald Schönhaar, was vorallem die alten herrschenden Geschlechter des Westlandes entmachtete & sie zur Flucht zwang. Nach England konnten sie nicht, da der Nord- & Mittelteil von Alfred dem Großen und König Harald beherrscht wurde.

910 – ca. 990
Egil Skallagrimsson – berühmter Dichter & Sagaheld der Egils Saga

930
gab sich Island sein Staatswesen mit eigenen Gesetzen, örtlichen Thingversammlungen und einem zentralen Allthing in Thingvellir mit einem Gesetzessprecher. Grimur Geitskor bestimmt das Thingvellir als Ort des jährlich stattfindenden Allthings wegen seiner zentralen Erreichbarkeit und der herrlichen Akustik. Das Allthing ist das älteste noch aktive Parlament der Welt. Die Leitung des Things unterlag den Goden, das sind Männer, die einen Tempel errichtet und eine Kultgemeinde um sich versammelt hatten. Die isländische Verfassung macht die Entwicklung einer zentralen Macht unmöglich. So ist der Geseztessprecher nur während der 2 Wochen des Allthings eine Amtsperson. Die Goden standen etwas besser da – ihnen oblag die Gesetzgebung und sie waren darüber niemandem Rechenschaft schuldig. Allerdings konnte jeder Hausherr seinen Goden wechseln, wenn ihm dessen Tun nicht paßte. Das machte beide gleichermaßen voneinander abhängig.

930 – 1030
ist die Sagazeit. Die meisten der isländischen Sagen spielen in dieser Zeit und handeln von den vielen privaten Familienfehden.

934
Vulkanausbruch der Katla, bei dem die Feuerspalte Eldgja für 6 jahre aktiviert wurde – sie fand Eingang in die Edda als Weg zur Unterwelt

965
wird das Thingwesen wegen der vielen generationenübergreifenden Familienfehden neu geregelt. Das Land wird nach den Himmelsrichtungen in 4 Viertelthinge geteilt, 3 Landschaftsthinge pro Viertel (der Norden bekommt wegen seiner Größe 4), sowie 3 Goden für jeden Thingbezirk.

980
wird Erik der Rote wegen Totschlags von der Insel verwiesen und macht sich auf die Suche nach den anderen Inseln im Nordwesten, von denen schon andere verirrte Seefahrer berichtet hatten. Er entdeckt Grönland, kehrt nach Island zurück und gewinnt 700 Mann zur Gründung einer neuen Kolonie.

985
laufen 25 Schiffe aus von denen nur 14 in Grönland ankommen. Sie gründeten zwei Kolonien mit einem eigenen Thing und später auch eigenem Bischoff. Gehörten erst zu Island, ab dem 13.Jh. zu Norwegen und ab dem 14.Jh. zu Dänemark.

992
Bjarne Herjulfsson kam auf seiner Fahrt von Norwegen nach Grönland vom Kurs ab und fand so im Südwesten eine neue Küste.

994
Daraufhin unternahm Leif der Glückliche, Sohn von Erik dem Roten, eine 3-4 jährige Entdeckungsfahrt und fand so Vinland. Er fuhr einen Großteil der nordöstlichen Küste Amerikas ab und unternahm einen Versuch der Besiedlung bei Lance au Meadows, die sich aber nicht lange hielt. In Vinland überwinterten sie, weil es hier genügend Gras für ihre Tiere und Holz für den Hausbau gab, obwohl archäologische Ausgrabungen gezeigt haben, daß die Behausungen in Vinland wie in Island auch aus Steinen und Grassoden errichtet waren. Leifs Bruder Thorvald setzte mit 30 Mann die Erkundung der Gegend fort und blieb zwei weitere Winter in Vinland, geriet jedoch in Auseinandersetzungen mit den Eingeborenen, wobei er verwundet wurde und starb. Als diese Kunde zu Leif nach Grönland kam, unternahm Thorfinn (ein anderer Verwandter Leifs) mit 160 Umsiedlern, darunter auch Frauen, einen weiteren Versuch Vinland zu besiedeln. Doch auch sie scheiterten nach dem 2. Winter am Widerstand der Eingeborenen. Auch ein weiterer 3. Versuch scheiterte, diesmal aber wegen Streit unter den Siedlern.

995
gelangt Olaf Tryggvason, ein fanatischer Christ, auf den Thorn von Norwegen und übt auch Druck auf Island aus. Er schickt den flämischen Missionar Dankbrand nach Island, der dort sehr brutal vorgeht. Außerdem nimmt König Olaf in Norwegen Söhne aus einflußreichen isländischen Familien als Geißel.

1000
der heidnische Gesetzessprecher entscheidet auf dem Allthing die Annahme des Christentums, da sonst die staatliche Einheit zu zerbrechen droht, viele heidnische Sitten wurden jedoch beibehalten. Auch heidnische Opferfeste durften im privaten fortgesetzt werden.

1016/1017
wurde das Aussetzen von Kindern, Essen von Pferdefleisch und geheime heidnische Rituale verboten.

1025
versucht Olaf, der Heilige auf der Felseninsel Grimsey vor der Nordküste Islands einen Militärstützpunkt einzurichten, um Island unter norwegische Oberhoheit zu zwingen – der Versuch schlug fehl.

1030
stirbt der Gesetzessprecher Skapti Thorddsson nach 26 Jahren Amtszeit.

1031
stirbt der Gode Snorri Thorgrimsson, der einflußreichste Mann der Sagazeit. Sowie Grettir Asmundarson, der Held der Grettir Saga – das markiert das Ende der Sagazeit.

1030 – 1180
Friedenszeit

1056
bekommt Island mit Isleif Gizurarson seinen 1. Bischoff, er war in Herford ausgebildet und in Bremen geweiht worden

1082 – 1118
wird sein Sohn Gizur Isleifsson 2. Bischoff des Landes

1096/97
setzte er die Zehntzahlung der Bauern an die isländischen Priester durch, die durch den Umstand, daß sie auch weltliche Hofbesitzer waren, sehr mächtige Sippen wurden.

1104
großer Vulkanausbruch der Hekla, dessen Asche fast die komplette Insel bedeckt. Der dabei komplett verschüttete Wikingerhof Stöng nahe der Hekla wurde 1939 freigelegt und seine rekonstruierte Halle kann seit 1974 besichtigt werden. Laut Walter Hansen soll dieser gewaltige Vulkanausbruch die Isländer zu ihrer Vorstellung vom Ragnarök veranlaßt haben.

1106
Gründung eines eigenen Bistums für das Nordland – das Allthing war aber weiterhin für die Wahl der Bischöffe zuständig und weltliche Gemeinden (hreppar) für die Eintreibung des Zehnten. Priester waren meist Hofbesitzer & weltliche Herren. Andere Hofbesitzer ließen für sich extra Priester ausbilden, die dann eine Art Knecht für sie waren. Priester waren auf Island auch immer verheiratet und hatten Kinder. Die isländische Kirche hatte nichts mit der mittelalterlichen Kirche Europas gemein.

1.Hälfte des 12.Jh.
Saemund Sigfusson (1056 – 1133) studiert in Paris und Ari Thorgilsson (1067 – 1148) legen den Grundstein zur isländischen Geschichtswissenschaft – beide sind an den Urformen des Islendingabok, des Landnamabok und der Ur-Edda beteiligt. Teit Isleifsson, Sohn des 1. Bischoffs, gründet in Haukaddr die erste weltliche Schule

1125
Ari Thorgilsson ist Mitverfasser des Islendingabok = das älteste Geschichtswerk Islands & die älteste schriftliche erzählende Prosa ganz Skandinaviens

1151/52
Norwegen bekommt seinen eigenen Erzbischoff in Drontheim; Island war somit nicht mehr Bremen unterstellt, sondern Norwegen.

1180 – 1264
Sturlungenzeit = eine Epoche der inneren Auflösung bis zur Unterwerfung des Landes durch Norwegen.

Ende des 12.Jh.
vereinen einzelne Goden/Priester immer mehr Godenbezirke unter einer Hand und nehmen den Bauern so die Möglichkeit zur Wahl. Dadurch und durch den Zehnten erhalten sie immer mehr Macht und können von den Thingleuten Waffendienste fordern. Das Gleichnis der Stände zerbricht und erneute Machtkämpfe kommen über Island. Das mächtigste Geschlecht dieser Zeit, das ihm seinen Namen gab, war begründet von Sturla Thordarson auf Hvammur im Westland. Sein Sohn Snorri Sturluson (1179- 1241) war Politiker, Geschichtsschreiber, Mythensammler und Dichter der Edda. Dessen Neffe Sturla Thordarson war der Geschichtsschreiber der Sturlungenzeit.

1181
kommt Snorri Sturluson als Ziehsohn zu Jón Loftsson, einem der einflußreichsten Goden seiner Zeit. Dort lernt er Lesen & Schreiben, Latein, Theologie, Geografie uns isländisches Recht.

1217
der norwegische König Hakon der Alte erkennt die Chance im von Familienfehden zerfressenen Island rücksichtslos einzugreifen.

1218
segelt Snorri Sturluson nach Norwegen und wird Gefolgsmann von Jarl Skuli Bardsson, der mit dem König verwandt ist.

1220
verhängt König Hakon eine Handelssperre gegen Island, die aber was Bauholz- und Getreidelieferungen angeht, von Norwegen abhängig sind. Da sie ihre eigene Hochseeschiffahrt vernachlässigt hatten, können sie auch nicht auf England als Handelspartner ausweichen. Außerdem leisteten nach alter Sitte die Söhne vornehmer isländischer Familien in ihrer Jugend Gefolgschaftsdienst beim norwegischen König. König Hakon verlangte von ihnen aber den Treueeid auf Lebenszeit und sah sie daraufhin als Untertanen an und verlangte von ihnen noch Treue & Gehorsam auch wenn sie bereits nach Isand zurückgekehrt waren. So erging es auch Snorri Sturluson. Als König Hakon mit einem Kriegszug nach Island droht, kann es ihm Snorri mit dem Versprechen ausreden, daß er dafür Sorge tragen würde, daß sich Isand Norwegen unterwirft. Zurück in Island tat er aber nichts dergleichen.

1237
werden beide isländische Bischofssitze frei und König Hakon besetzt sie mit Norwegern, die in norwegischem Interesse wirken.

1237- 1239
Snorri fährt nach Norwegen und gerät dort in einen Aufstand von Jarl Skuli Bardsson gegen den König. Als der Jarl fällt, flieht Snorri gegen den Befehl des Königs nach Island. Daraufhin beauftragt König Hakon Gissur Thorvaldsson, den Schwiegersohn Snorris, Snorri zu töten.

1241
Gissur tötet Snorri und einige seiner Söhne am 23. September. Der isländische Bürgerkrieg tobt noch weitere 20 Jahre.

1262 – 1264
leisteten die isländischen Landesviertel nach und nach den Treueeid auf Norwegen.

1263
fällt König Hakon auf einem Feldzug in die norwegischen Besitztümer in Nordbritannien

1271
legte der norwegische König dem Allthing ein neues Gesetzbuch nach norwegischem Recht vor, das nach einigen Jahren unter isländischer Mitarbeit verbessert wurde = das Jonsbok. Damit gaben die Isländer ihre bishierigen Rechte auf. Die königliche Pflicht für regelmäßigen Schiffsverkehr nach Island zu sorgen, wurde zum norwegischen Handelsmonopol umgedeutet, was anderen Ländern verbot mit Island Handel zu treiben. 1602 münzten die Dänen dieses Monopol für sich um. Die Isländer versuchten sich vergeblich dagegen zu wehren und so begannen die 5 dunklen Jahrhunderte aus denen auch kaum etwas überliefert ist.

1300
besonders schwerer Vulkanausbruch der Hekla, der mit schweren Erdbeben, Ascheregen, Sandstürmen & Verfinsterungen einherging und ein Jahr lang andauerte!

1397
fällt Norwegen mit Island unter dänische Herrschaft

15.Jh.
Beginn der kleinen Eiszeit in Island, woraufhin sich die Gletscher enorm ausdehnen & die Kolonie in Grönland beginnt gänzlich einzugehen.

Quellen und weiterführende Literatur:
Hans Kuhn „Das alte Island“
Walter Hansen „Asgard“
Snorri Sturluson „Heimskringla“
AiD-Sonderausgabe „Siedeln und Leben am Rande der Welt“
Kirsten Seavers „Mit Kurs auf Thule“
Rainer Grimm „Wikingerwelten“
„Egils Saga“
„Grettir Saga“
„Laxdoela Saga“