Sächsische Geschichte

Sächsische Geschichte

Prinzenklau im Mittelalter

Als Friedrich der Streitbare, Kurfürst von Sachsen, im Jahre 1428 auf dem Sterbebett lag, muß er geahnt haben, daß zwei seiner vier Söhne, Friedrich und Wilhelm, oft gegensätzlicher Meinung waren.
„Ich ermahne euch nochmals ernstlich, daß ihr sollet einträchtig sein, einer dem anderen nachgeben und vergeben. Dieses wird euch eine Mauer sein wider allen feindlichen Überzug, der nicht ferne von euch ist.“
Und die Brüder mußten ein Versprechen leisten. Trotzdem kam es 1446 bis 1451 wegen Erbstreitigkeiten zu dem sogenannten „Bruderkrieg“ zwischen Friedrich und Wilhelm. Einer, der seinem Herrn, Kurfürst Friedrich, genannt der „Sanftmütige“, im Bruderkrieg treue Dienste geleistet hatte, war der Ritter Kunz von Kaufungen. Seine im Thüringischen gelegenen Güter waren im Krieg schwer verwüstet worden. Als Entschädigung hatte er die Güter Schweikershain mit Kriebstein zur Nutzung erhalten. Später nahm sich der Kurfürst Schweikershain mit Gewalt zurück, eine Entschädigung dafür zahlen wollte er nicht.
Ein langer Rechtsstreit entbrannte, an dessen Ende Kunz in Ungnade fiel und des Landes verwiesen werden sollte. Der Ritter sann auf Rache und plante die Entführung der beiden Prinzen Ernst und Albrecht, Friedrichs Söhnen von Schloß Altenburg. Bundesgenossen fand er alsbald und der Plan gelang. Im schnellen Ritt ging es am 8. Juli 1455 mit den aus dem Schlaf gerissenen Prinzen in Richtung Böhmen. Die Entführergruppe teilte sich, Kunz nahm Albrecht mit, Wilhelm von Mosen Prinz Ernst. Kunz von Kaufungen wurde wenig später gestellt und Albrecht befreit, Von Mosen und von Schönfels verbargen sich mit Ernst in einer Felsspalte bei Hartenstein, der Prinzenhöhle. Nachdem sie vernommen hatten, daß Kunz gefangen war, wollten sie nur noch die eigene Haut retten und sandten ein Bittschreiben an Friedrich zu Schönburg. Am 11. Juli war Prinz Ernst wieder in Chemnitz.
Bereits am 14. Juli 1455 wurde Kunz von Kaufungen, einer der tapfersten Ritter seiner Zeit, in Freiberg öffentlich enthauptet. Viele Ritter mißbilligten das, denn damals galt das Faustrecht und mancher Zeitgenosse wähnte Kunz im Recht.
Ein dunkler Stein zeigt noch heute die Stelle, wo das Haupt des Kaufungers durch die Hand des Henkers fiel. Übrigens wurden die Helfer auf Befehl von Friedrich dem “ Sanftmütigen“, mit glühenden Zangen gezwickt und anschließend gevierteilt…

Entstehung der Stadt Königsbrück

Nachdem Karl der Große in Niedersachsen an der Elbe mit den Sachsen Friede gemacht hatte, schickte er seinen Sohn Karl die Elbe und Saale hinauf in das Land der Sorbenwenden, um sie zum christlichen Glauben zu bewegen. Bei diesem Heereszuge ließ Karl eine Brücke über die Pulsnitz schlagen, ging mit seinem Kriegsvolke darüber und bezog auf der andern Seite ein Lager. Dies Lager war der Anfang einer Stadt, die von der Brücke, an der sie lag, den Namen Königsbrück erhielt.

aus Haupt „Lausitzer Sagenbuch“ 1862

Wie das Geschlecht derer von Pflug zu ihrem Wappen gekommen ist.

Der Nachfolger des ersten Böhmenkönigs Czech, Croco, ein gewaltiger Zauberer, hinterließ bei seinem Tode(709) drei Töchter Namens Kascha, Tecka und Libussa, so ebenfalls in allen Zauberkünsten erfahren waren. Von diesen gelangte jedoch nur die jüngste, die Libussa, zur Regierung und herrschte ganz mild und löblich auf dem Wissherad zu Prag. Gleichwohl waren die Böhmen nicht lange mit dem Weiberregiment zufrieden, sondern verlangten einen König. Libussa ließ also eines Tags (10. Mai 722) das ganze Volk auf dem Wissherad zusammenkommen und fragte sie, ob sie einen Fürsten haben wollten, und da sie einmühtig ja sagten, so sprach sie: „dort sehet hinter den Bergen bei einem kleinen Wasserfluß, der Bila heißt, da liegt das Dorf Staditz, nicht weit davon ein Acker, 120 Schritte breit und lang, auf welchem Euer Fürst mit zwei scheckigen Ochsen pflügt, der heißt Primislaus, der wird Eure Hälse beugen, und sein Geschlecht wird Euch 584 Jahre beherrlichen.“ Diese Weissagungen empfing sie aber von einer güldenen Kröte, in der ihr Hausgeist wohnte. Hierauf erwählte sie dreißig Mann, denen ließ sie ihren Reitschimmel ungezäumt vorführen undfragte zu ihnen: „folget meinem Pferde nach, wo es hingeht, denn der Weg ist ihm gar wohl bekannt, vor dem Manne nun, wo es wird stehen bleiben, wiehern und auf die Knie fallen, da bleibt auch Ihr stehen, denn er ist es, der Euch beherrlichen soll. Ihr werdet mir aber nicht eher glauben, bis Ihr Euern Fürsten auf einem eisernen Tische essen sehet: seid aber unterwegs ja friedlich, denn Euer Zank auf dieser Reise wird Euern Nachkommen nach 1000 Jahren schaden.“ Die Gesandtschaft, welche dem Roß gefolgt, traf auch richtig den Primislaus an Ort und Stelle an, und da das Pferd sofort vor ihm auf die Knie sank, so veranlaßte dies die Gesandten, ihm der Libussa Befehl und des Volkes Verlangen zu entdecken, worüber Primislaus ganz bestürzt war. Endlich steckte er eine Ruthe in die Erde und sprach, es sey denn das diese grüne und blühe, sonst könne er es nicht glauben, spannte dann die Ochsen aus und sagte: gehet hin wo Ihr hin wollt. Worauf aber Primislaus mit denselben einen gewaltigen Sprung in die Wolken that, von dem die Ochsen jedoch nicht wieder zum Vorschein gekommen sind, die häselne Ruthe hat sogleich zu grünen, drei Zweige mit Blättern zu treiben und zu wachsen angefangen, auch in dem selben Augenblick Früchte hervorgebracht, aus welchen nachgehends eine Haselstaude geworden, so noch heutzutage bei dem Dorfe Staditz steht und über welche Kaiser Karl IV. i. J. 1359 ein Privilegium an zwei Feldnachbarn des Primislaus gegeben hat, daß diese frei von allen Abgaben und Frohnen sein sollten (weil sie damals die einzigen gewesen, die Primislaus Glück gewünscht), dafür aber die Haselstaude zu pflegen und die Nüsse welche sie trüge, nach Prag an die königliche Kammer abzuliefern hätten. Dann hat Primislaus den Pflug umgewendet, ein Stück Brod und Quark hervorgezogen, solches auf den Pflug gelegt und die Gesandten zu Gaste gebeten, welche sich um den Pflug herum auf die Erde setzten und sich mit Brod und Wasser tractiren ließen, dabei aber fleißig an Libussä Worte dachten. Nach geendigter schlechter Mahlzeit legten sie Primislaus das fürstliche Kleid an und zogen ab gen Prag, da denn dießer seine Schuhe von Lindenbast zum Gedächtniß mitnahm, welche erst in den hussitischen Unruhen verloren gegangen sind. Als sich nun dieser bäuerische Prinz dem Schlosse nahet, kam ihm Libussa mit ihrem Frauenzimmer entgegen, führte ihn ihr Zimmer, tractirte ihn mit Wildpret und Meth und hielt auch noch an demselben Abend ihr Beilager mit ihm. Deshalb hat aber Primislaus zum stets währenden Angedenken dieser wunderwürdigen Begebebheit seines Bruders Sohne den Namen Pflug nebst dem Wappen gegeben, ihn auch nach und nach mit ansehnlichen Gütern versorgt. Nach dem Absterben König Wenzel’s III. von Böhmen hat aber eine große Parthei Herrn Ulrich Pflug zu Rabenstein (1306) zum König wählen wollen, sie sind aber nicht durchgedrungen, wohl aber hat nachmals, als Herzog Johann der Lützelburger den böhmischen Thron bestieg, derselbe diesen Pflug, um ihn zu entschädigen, zu seinen obersten Kämmerer und in seiner Abwesenheit zu seinem Stellvertreter gemacht.

Ziegler „histor. Labyrinth der Zeit“

Der Geist im Forsthause zu Colditz

Bei der sogenannten Magnuskirche zu Colditz stand früher ein Kloster, das aber, weil es wüste lag, 1580 zu einem Forsthause umgebaut und 1618 in ein Wohnhaus für den Förster verwandelt ward. Hier ist vor Zeiten ein Schüler des h. Bonifacius, ein gewisser Hugo, Graf von Refernburg, welchen die Wenden bei Gelitz erschlagen hatten und den die gottesfürchtigen Grafen zu Colditz aufheben, bei Seite schaffen und hier hatten begraben lassen, beigesetzt worden. Seinen Predigtstuhl hatte er aber zu Selitz bei Rochlitz, wo er den Wenden das Christenthum predigte und man hernach eine Kirche, die Leonhardskirche, nach dem Namen des Bauern, der den Acker besaß, hinbauete, von der noch jetz einige Spuren auf dem Felde zu sehen sind. In dieses Haus hat sich im Jahre 1644 Herr Hans Christoph von Altmannshofen auf Commichau und Colmen in großer Kriegsgefahr samt seiner schwangeren Ehefrau gerettet; es ist aber diese hier eines Töchterleins genesen, und am 20. Juni ist der Wöchnerin am hellen Tage eine Person mit einer Mönchskutte angethan erschienen. Diese hat die Gardienen weggeschoben und ihr in’s Bett gesehen, ist dann aber, wie es derselben vorgekommen ist, wieder ins Grab gestiegen.

Kamprad „Historie der Grafschaft Mannsfeld“

Die Sage von dem Liebchenstein bei Penig

Vor alten Zeiten haußten Raubritter auf dem bei Penig gelegenen Zinnberg und Drachfels (Drachenfels) und machten die dasige Gegend sehr unsicher. Zinnberg soll anfangs Umizi geheißen haben, schon im 6. Jahrhundert entstanden und der Sitz eines Wendenfürsten gewesen sein. Im 13. Jahrhundert gehörte dieses Zinnberg einer Linie der Burggrafen zu Altenburg zu. Beide Schlösser, Zinnberg und Drachenfels, sollen schon im 14. Jahrundert von den Burggrafen von Leisnig und dem Ritter Heimburg von Waldenburg zerstört worden sein. Nach anderen Angaben, z. B. nach Schumann’s sächs. Zeitungs-Lexicon, sind jedoch beide Burgen erst im Jahre 1488 verbrannt worden. Auf Zinnbergs Ruinen sah man noch gegen Anfang des 17. Jahrhunderts einen alten Turm stehen, von welchem zur Zeit einiges Gemäuer übrig geblieben ist. Bei Zerstörung der unter Penig gelegenen Burg Drachenfels sollen übrigens die Hühner aus der selben über die Mulde auf den gegenüberliegenden Berg geflogen sein, woher der Hühnerberg seinen Namen erhalten habe. Ueber die Raubritter auf Zinnberg und Drachenfels und über die Veranlassung zur Zerstörung dieser beiden Burgen geht nun folgende Sage. Zinnberg und Drachenfels waren im Besitz von zwei Brüdern, welche man gewöhnlich die Schachtritter nannte, weil, zur Leistung gegenseitigen Beistandes, ein unterirdischer Gang beide Burgen verband. Der eine dieser Brüder, der Ritter auf dem Drachenfels, war mit Fräulein Elsbeth, der Tochter des Ritters Haimburg zu Waldenburg, verlobt. Elsbeth erhielt einst heimlich Nachricht, ihr Verlobter betreibe Räuberei. Um sich selbst zu überzeugen, ob diese Kunde wahr oder falsch sei, machte sie sich mit Bewilligung ihres Vaters auf und fuhr, von des Vaters Knappen begleitet, bis an den Felsen, welcher unmittelbar am rechten Muldenufer hart hinter Penig am Fuße des Galgenberges liegt. Hier stieg sie, ihr Gespann stehen lassend, aus dem Wagen und begab sich auf die Burg. Auf dieser herrschte ein tiefe grauenvolle Stille. Düstere Ahnungen durchbebten des Fräuleins Seele: sie schaute sich um, fand Blutspuren auf dem Vorsaale und an der Kaminthüre des Ritters Siegelring. Noch mehr Blutspuren nebst einem bluttriefenden Dolche fand das Fräulein auf dem Zimmer des Ritters, der eben vorher einen Mord begangen und bei dem Ringen mit seinem Schlachtopfer seinen Ring verloren hatte. Elsbeth nahm schaudernd den Siegelring mit dem blutigen Dolche, und kehrte, ohne bemerkt zu werden, aus der Burg nach ihrem Gespann und mit diesen wieder nach Waldenburg zurück. Der vorstehend beschriebene Fels, wo ihr Gespann gestanden, heißt davon aber heute noch der Liebchenstein. Das Fräulein hinterbrachte ihrem Vater die schreckliche Kunde, worauf Ritter Haimburg mehrere Ritter (worunter der Ritter Gerold von Rabenstein) nebst dem Schachtritter zu sich entbieten ließ. Das Mahl war bereitet und die Pokale kreisten nach Ritterart. Aber über dem festlichen Mahle wurden dem Schachtritter plötzlich der Siegelring nebst dem Dolche vorgezeigt; leicht ward er des Mordes überwiesen, von den herbeigerufenem Knappen gefesselt und in Haimburg’s Burgverließ geworfen. Letzterer verband sich dann mit noch mehreren Rittern und brach die beiden Raubritterburgen Zinnberg und Drachenfels. Das Fräulein aber soll bald darauf ihrem Leben selbst aus Verzweiflung ein Ende gemacht haben.

Zinnberg liegt am rechten Muldenufer eine halbe Stunde oberhalb Penig, Thierbach gegenüber. Die Burg war, nach den noch vorhandenen Ruinen zu urtheilen, nicht sehr bedeutend. Sie war in den ältesten Zeiten im Besitz der Burggrafen von Altenburg, dann im 15. Jahrhundert der Herren von Kauffungen, zuletzt der Burggrafen von Leisnig, gegenwärtig gehört sie zur Herrschaft Penig.

Die Burg Drachenfels liegt am rechten Muldenufer, eine halbe Stunde unterhalb Penig. Von derselben sind nur noch die Wälle und wenige Ruinen vorhanden. Gegenwärtig ist das ganze Terrain der ehemaligen Burg, die ebenfalls nicht bedeutend gewesen sein kann, mit dichtem Holze bewachsen.

aus Krieg „Geschichte der Stadt Penig“ 1838

Der Riese Einheer zu Zwickau

In demselben Kriege, welchen Karld der Große gegen die Wenden führte und wo die Schwanhildis mit ihren Schwanfeldern demselben treulich diente, lebte zu Zwickau ein Riese, Namens Einheer (eigentlich hieß er Aenotherus), ein Schwabe, gebürtig aus dem Thurgau in der Schweiz. Der wadete durch alle Gewässer und brauchte über keine Brücke zu gehen, so groß war er. Sein Pferd zog er am Schwanze nach und sprach allezeit: „Nun Gesell‘, du mußt auch nach!“ Der machte auch den Krieg Karls gegen die Wenden mit und mähete die Leute wie Gras nieder, hing sie an seinen Spieß und trug sie so über der Achsel wie Hasen und Füchse. Da er nun wieder heim kam und sein guter Geselle und Nachbar fragte, was er ausgemacht hätte und wie es ihm im Kriege ergangen sei? sagte er aus Unmuth und Zorn: „was soll ich von diesen Fröschleins sagen? ich trug ihrer sieben oder acht an dem Spieße über der Achsel und weiß gar nicht, was sie quacken; es ist der Mühe nicht werth, daß der Kaiser so viel Volk wider diese Kröten und Würmer zusammengebracht hat.“ Es flohen ihn aber alle Feinde und Wenden und meinten, er sei der lebendige Teufel.

aus Schmidt „Chronica Cygnea“ 1656

Wie Meerane ehemals in übelem Rufe gestanden hat

Die Stadt Meerane hat ehemals in ziemlich schlechtem Rufe gestanden, sei es vielleicht weil in der Nähe derselben der slavische Götze Crodo (Wodan) in dem Thalgrunde, in welchem die Dörfer Götzenthal, Crotenleide und Hainichen und Köthel lagen, hoch verehrt ward. Später lag aber der Grund darin, daß es dreierlei Gerichten unterthan war, was zur Folge hatte, daß Strolche sich leicht aus einer Gerichtsbarkeit in die andere salviren konnten. So entstand nach und nach die Sitte, einen liederlichen Menschen einen Meeraner zu nennen. Einst reiste der dasige Pastor Mag. Sigismund Stolze zur Leipziger Messe; als er nun mit seinem Wagen in Leipzig an das Thor kam, wurde er gefragt, woher er käme und wer er wäre? Als er es beantwortete: „der Pastor aus Meerane“, mußte er wieder umkehren, weil man von einer so übel beleumundeten Stadt Niemanden einlassen wolle. Der gute Mann mußte also mit seiner Kutsche wieder umkehren und half sich nur dadurch, daß er unter einem andern Namen zu einem andern Thore wieder hereinfuhr. Bei seiner Rückkehr erzählte er diese ihm widerfahrene Begebenheit unter Thränen auf der kanzel und ließ nicht eher mit Bitten und Vorstellungen nach, bis es ihm gelungen war, die Glieder seiner Gemeinde auf einen bessern Lebensweg zu bringen.

aus Leopold „Chronik von Meerane“

Die Luten, die Sueven und die Serben in der Lausitz

Ober- und Niederlausitz bewohnten in den ältesten Zeiten die Luten, Lusen oder Susen, ein Stammvolk der Sueven, des damals mächtigsten deutschen Volkes, welches sich selbst in mehrere Zweige theilte. Der Stamm der Ilinger oder Silinger saß in der Oberlausitz, der der Semnonen in der Niederlausitz. Diese deutschen Bewohner wurden um das J. 450, zu den Zeiten des Kaisers Theodosius des Jüngern von den Slaven vertrieben, welche sich ebenfalls in mehrere Stämme spalteten, von denen der der Serben oder Sorben diese Gegend einnahm. Die Serben hießen so von dem Worte Serp, die Sichel. Einige sagen, sie hätten sich Sichler genannt, weil sie ein ackerbautreibendes Volk waren. Andere aber behaupten, Serp bedeute auch Schwert und da alle Schriftsteller von den stammesverwandten Sarmaten sagen, daß sie einen Säbel göttlich verehrt hätten, so habe dieser Volksname keine friedliche Bedeutung, sondern bezeichne sie als Säbelverehrer, als ein kriegerisches Volk.

aus Haupt „Lausitzer Magazin“

Einzug der Wenden

Etliche des slavischen Volkes die zogen gegen Preußen, Pommern und Cassuben bis hin gegen Dänemark und an das Meer gegen Mitternacht um und um und wohnten und bebauten die Lande bei dem Meer und in Preußen. Etliche aber des Volkes von Böhmen, da ihrer viele waren, die zogen über die Wasser und kamen auf das Erdreich, darum Mähren liegt und bauten da den Acker und Städte und nannten das Land Mähren. Etliche des Volkes zogen fort und kamen auf das Gelände, da nun Meißen liegt, und nannten das Land das Meißnische Land. Etliche kamen gegen Bautzen, etliche ins Lausitzer Land und wohnten allda. Und alle diese Lande, die waren vorher wüste gewesen, die bauten zuerst das vorgenannte Volk, die Wenden. Die um Calau und Luckau wohnenden Slaven hießen die Caluconen, von ihnen stammt die in Lübbenau wohnende Familie der Calaucer ab. Ein anderes wendisches Volk, die Camanen hatten ihren Sitz um Camenz, zu Kaiers Heinrich IV. Zeit waren sie mit unter dem Kriegsvolke des Grafen Wiprecht von Groitzsch. Um Luckau und Golßen herum wohnten die Stoderaner, ein wendischer Volksstamm, deren Namen sich noch in dem edeln Geschlechte derer von Stutterheim erhalten hat. Von dem Stamme der Milziner sollen die Herren von Miltitz, von dem der Schluben aber die Herren von Schlieben abstammen. Das Wort Lausitz und der Name Lausitzer ist aber den Wenden von dem Volke, welches sie vertrieben hatten, den Lusen geblieben.

aus Haupt „Lausitzer Magazin“

Grausamkeit der alten Wenden

Die Lausitzer Wenden in der Gegend von Zinniz (Cianj) hatten außerordentlich strenge Ehegesetze: am Markte dieser Stadt war eine Brücke, dort wurde Jeder, der sich durch Untreue an seinem Weibe versündigt hatte, mit dem Theile, mit dem er gesündigt hatte, an die Brücke genagelt. Neben ihm lag ein Scheermesser und hiermit ward ihm die freie Wahl gelassen, entweder auf dieser Stelle zu sterben, oder sich selbst loszuschneiden.
Die Sorben aus der Lausitz hatten manche barbarische Sitte aus dem fernen Asien mitgebracht. Wenn z.B. ein Ehemann starb und eine Witwe hinterließ, so wwurde diese bei lebendigem Leibe auf den Scheiterhaufen gelegt zu dem Leichnam des Ehemannes und wurde also mit demselben zugleich verbrannt. Solches geschah aber nicht etwa mit Zwang, sondern freiwillig und unter großem Freudengeschrei. Bei den Sorbenwenden der Lausitz herrschte in der Heidenzeit der schändliche Gebrauch, daß man sich der alten Leute, die zu nichts mehr tauglich waren, auf eine grausame Weise entledigte. Der eigene Sohnschlug seinen Vater todt, wenn er alt und unfähig wurde, oder er warf ihn ins Wasser oder er stürzte ihn von einem hohen Felsen herab, ja es sind solche Beispiele selbst noch in der christlichen Zeit vorgekommen.
Herr Lewin von Schulenburg, Ober-Amtshauptmann in der Altmark, ist ums Jahr 1580 einstmals unter den Wenden gereiset, da etliche eine alten Mann geführt, die er gefragt: „wohin mit diesem Alten?“ Darauf sie geantwortet: „zu Gott“. Meineten, sie wollten denselben Gott aufopfern, weil er mit Arbeiten seine Nahrung nicht gewinnen könnte. Als der Hauptmann dieses verstanden, hat er den Alten mit Gewalt entledigt, ihn mit sich heimgenommen und zu einem Thorwächter gemacht, in welchem Dienste er noch zwanzig Jahre gelebt und zugebracht haben soll. Ein anderer Chronist erzählt, im Jahre 1297 habe eine Gräfin von Mannsfeld, welche durch die auch von Wenden bewohnte Lüneburger Haide reiste, einen Bauer getroffen, der ein Grab gegraben hatte, in welches er seinen daneben stehenden jammernden Vater legen wollte.

aus Haupt „Lausitzer Magazin“

Wie sich die Deutschen und Sorben gegenseitig nennen

Wenn die Deutschen mit den Wenden redeten und diese kein Wort verstanden, nannten jene sie stumme Wände. Den Sorben aber ging es mit den Deutschen gerade so und sie nannten dieselben njemski die stummen (d.h. Hunde), und so heißen die Deutschen noch bis auf den heutigen Tag.

aus Knauth „Serbische Kirchengeschichte“

Der H. Benno und die H. Walpurgis in der Lausitz

Der Heilige Bischof Benno von Meißen wurde einst so erzürnt über den Abfall der von ihm bekehrten Wenden in der Lausitz, daß er die Kirchenschlüssel vor Verdruß in die Elbe warf. Aber in einem gefangenen Fische wurden sie wiedergefunden.
Bei Gersdorf liegt ein Berg, der ehißt der heilige Berg und sein Gipfel der Todtenstein. Dort ist in den alten Heidenzeiten greulicher Götzendienst getrieben worden, bis Markgraf Gero unter Kaiser Otto I. kam, die heidnischen Priester tödtete und das Christenthum einführte, auch das jetzt nach ihm so genannte Dorf Gersdorf gründete. Diese Gegend war aber dem h. Benno gar lieb und vom nahe gelegenen Bischheim (Bischofshain), wo er ein Lustschloß hatte, kam er oft über die Berge hinüber nach Gersdorf. Daher rührt noch ein gepflasterter Fußweg, der über den heiligen Berg führt und die Mönchsmauer genannt wird. Von dem Berge aus führt auch ein unterirdischer Gang nach der Pfarre. Auf dem heiligen Berge aber gründete Gero eine Kapelle der h. Walpurgis, einer Nichte des h. Bonifacius, welche in der Lausitz von Berg zu Berg gezogen war und den Heiden das Evangelium gepredigt hatte. Als sie gestorben war, hat man ihr überall und besonders auf diesen Bergen Standbilder und Bethäuser errichtet und ihr zu Ehren in der h. Walpurgisnacht überall auf den Bergen Feuer angezündet, dafür beschützte sie das Vieh gegen das Behexen. Wer aber am dritten Pfingstfeiertage sowie an Walpurgis und Margarethe zu dieser Kapelle wallfahrete, hatte 100tägigen Ablaß für seine Sünden.

aus „Legende von Bischof Benno“ 1507,
„Emser vita Bennonis“ 1512 und „Lausitzer Magazin“ 18

Die heutigen Wendenkönige

Es ist eine alte Sage, da38ß die Wenden in der Niederlausitz noch heut zu Tage ihren König unter sich haben, den sie gemeinschaftlich aus ihrer Mitte wählen, ihm Krone und Scepter zustellen und jährlich zu seinem Unterhalte eine Kopfsteuer entrichten. Sie erweisen ihm alle königlichen Ehren und gehorchen seinem Befehle in allen, das ganze Volk betreffenden allgemeinen Angelegenheiten. Jedoch halten sie die Sache so geheim, daß alle Bemühungen, den rechten Grund zu erfahren und den König selbst unter den Bauersleuten ausfindig zu machen, bisher ohne Erfolg gewesen sind. Soviel nur weiß man, daß die Königswürde in einer gewissen Familie erblich ist. Diese Familie soll jedoch vor wenigen Jahren mit dem letzten Sproß des wendischen Königsstammes, einer alten siebenzigjährigen Frau, ausgestorben sein. Diese alte Frau hat es noch vor ihrem Tode sehr beklagt, daß sie Niemanden offenbaren könne, was sie von der Sache wisse. Auch mehrere Oberlausitzer Wendengeschlechter in der Gegend von Bautzen rühmen sich königlicher Abkunft, im Spreewalde knüpft sich die Sage vom letzten wendischen Fürsten an den Burgberg im Dorfe Burg, wo er residirt haben soll und wo man allerdings unter andern Alterthümern goldene Diademe gefunden hat.

Einst hat sich ein wendischer Bauer an die Spitze eines aufsässigen Haufens gestellt und sich gleichwie ein König geberdet. Als nämlich im Jahre 1548 Franz von Minkwitz seinen wendischen Unterthanen zu ‚Ukro mehr Hofdienste zumuthete, als sie zu leisten schuldig zu sein glaubten, und die Widerspenstigen auspfänden ließ, kam die Sache zu einem förmlichen Aufstand. Unter der Anführung eines Königs berathschlagten sie mit einander, beschlossen alle für einen Mann zu stehen und eine Rede zu führen und widersetzten sich offen ihrem Herrn. Ein großer Theil der umliegenden wendischen Dörfer war in diesen Aufstand verwickelt, so daß der Landvoigt seine schwere Hand darauf legen mußte, den wendischen König greifen ließ und ihn am Leibe strafte. Dieser hatte sich verlauten lassen, „dahin wolle er es wohl noch bringen, daß der Minkwitz ihm huldigen müsse.“
Der große Churfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg hat auch diesem im Verborgenen waltenden König eifrig nachforschen lassen. Es ist ihm auch einstmals ein kräftiger, schlanker und schöner Wendenjüngling als ihr König bezeichnet worden. Ein alter Bauer aber, der den Verrath gemerkt, hat den jungen Menschen zornig angeredet und gesagt: „Kerl, was stehst Du hier gaffen! gehe an Deine Arbeit“, ihm mit dem Stock geschlagen und fortgetrieben. So verhütete er, daß der Churfürst der Sache weiter nachforschen konnte.

aus Gosche „Unser Vaterland“