Von Zwergen und Kobolden in Sachsen

Von Zwergen und Kobolden in Sachsen

Der Fuhrmann ohne Kopf auf dem Worbisberge bei Oppach

In der Nähe des Dorfes Oppach in der Oberlausitz wohnte vor alter Zeit ein Fuhrmann, der durch den Fleiß wohlwollender Gnomen, die sich in seinem Hause aufhielten, wohlhabend, ja reich geworden war. Der grüne Peter – so nannte man den Fuhrmann nach der Farbe des Anzuges, den er zu tragen pflegte – wurde dadurch übermüthig, fing mit den Kobolden Händel an und ließ sich endlich sogar einfallen, einen derselben durch wohlapplicirte Fußtritte aus dem irdischen Jammerthale in’s himmlische Jenseits zu befördern. Von nun an verließen die Geister in Taschenformat, die Däumlinge, oder wie sie sonst heißen mögen, das Haus, und mit ihnen zog das Glück fort. Peter verarmte und wie es bei feigen Characteren in den Tagen, so uns nicht gefallen, oft geschieht, er verwilderte, suchte Zerstreuung bei der Flasche und in Ausschweifungen aller Art Ersatz für die edleren Freuden, deren sein Gemüth nicht mehr fähig war. Die Leute aber meinten, mit dem Peter werde es kein gutes Ende nehmen, und die Leute hatten Recht: denn als er einst, es war gerade an einem Grünen Donnerstage, mit seinem Gespann von Bautzen zurückkehrte, überraschte ihn auf offener Landstraße ein heftiges Unwetter, dessen Getöse die erschrockenen Pferde bäumen machte. Da fluchte nun Peter, der wieder eins über den Durst getrunken, über alle Maßen und wollte sammt seinen Thieren vom Donner erschlagen sein. Und siehe, kaum wa seinem Munde das Frevlerwort entflohen, da öffnete sich der Himmel, Blitz und Schlag fiel zugleich, tödtete den Berauschten mit seinen Rossen und setzte den Wagen in Brand. Seit dieser Zeit treibt er in gewissen Nächten, zumeist in der des Grünen Donnerstags, auf dem Worbisberge, wo das Verhängnis ihn ereilte, sein Wesen, erschreckt die Vorübergehenden mit Peitschenknall, oder jagt ohne Kopf mit zornigem Gespann, dessen Hufe den Boden zerquetschen, durch die Schauer der Mitternacht, ein ruheloses Wesen der Qual ohne Ende.

aus Kauffer „Constit. Zeitung“ 1852

Der Kobold in der Lausitz

Der wendische Kobold entspricht vollkommen den deutschen. Er ist ein Hausgeist, der in den Stuben, Ställen etc. sein Wesen treibt und je nach seiner Neigung den Einwohnern des Gehöftes halb Gefälligkeiten erweist, indem er ihre Geschäfte übernimmt und Nachts im Finstern fortarbeitet, bald aber auch Schabernack spielt. Er will nach seinen Launen gut behandelt und wohl gespeißt sein, sonst lärmt er im Hause herum, quält die Leute und schreckt sie Nachts aus dem Schlafe auf, indem er sie durch Poltern aufweckt oder gar aus dem Bette herauswirft. Er soll gern die Gestalt eines Kalbes annehmen, hat aber mit Feuer und Licht nichts zu thun, sondern ist vielmehr ein Geist der Finsterniß, doch soll er auch Kranken des Nachts bei’m Vollmondschein erscheinen. In Gestalt einer Dohle bringt er Gold. Ihre Wohnung soll auf dem eine Meile von Budissin bei den Dörfern Rachlau und Döhlen über Meschwitz gelegenen Berge Czorneboh sein, wo ein einzelner mit einer Höhlung versehener Berg nach ihnen die Koboldskammer heißt.

aus Schmaler „Volkslieder der Wenden in der Ober- und Niederlausitz“ 1843

Das Teufelsfenster am Czorneboh

An einer freien Stelle des westlichen Abhanges des Berges erblickt man zur Rechten am Saume der Nadelwaldund den Anfang einer Felsparthie, die durch eine runde Oeffnung an dem obern Theile des Felsens als das sogenannte Teufelsloch oder Teufelsfenster bezeichnet wird. Aus dieser Oeffnung sollen nach der Sage noch heute kleine Koboldchen chlüpfen und einen Keller mit unendlichen Schätzen bewachen, weshalb man die Stelle auch zuweilen die Koboldskammer genannt hat. Eine Frau, die mit ihrem Kinde auf den Berg gegangen war, um Waldbeeren zu suchen, hatte Gelegenheit, in den Keller zu gelangen. Sie setzte ihr Kind auf den Boden der Höhle und raffte die Schätze begierig zusammen. Schreckliches Donnern erschütterte die Erde und trieb die Frau angsterfüllt in’s Freie. Aber als sie sich umsah, war die Höhle geschlossen und kein Eingang wieder zu finden. Die arme Mutter lag bei ihren Schätzen, unbekümmert um deren Werth, denn sie hatte ihr Kind verloren. Doch nach einem Jahre an demselben Tage stand sie wieder am Teufelsfenster. Der Keller that sich auf und auf dem Boden saß ihr Kind und spielte. Die Schätze mochten funkeln und glänzen, die Mutter sah sie nicht, sie erblickte nur ihr Kind und entrieß es mit Blitzesschnelle den unterirdischen Mächten.

aus Köhler „Bilder aus der Oberlausitz“ 1854

Der Wechselbalg

Ein Wanderbursche traf auf einsamen Waldwege in der Nähe eines Dorfes ein altes graues Männchen, das an einer Pfütze kauerte und aus Straßenkoth einen menschenähnlichen Klumpen formte.
„Was macht Du da?“ fragte der Bursch. Das Männchen grinste: „einen Wechselbalg. Im Dorfe drüben ist ein schönes Menschenkind zur Welt geboren, das muß ich haben!“ „Wie willst Du das anstellen?“ fragte der Bursch. Das Männchen grinste: „Während des Essens werde ich sie verlocken, daß sie ohne Dankgebet vom Tische aufstehen und hinauslaufen, daß das Kind alleine bleibt. Dann ist es mein.“
Der Wanderer ging seines Weges fürbaß und beschloß den Teufelsspuk zu verhindern, kam ins Dorf, erfuhr bald das haus, in dem der Storch eingekehrt war, ging hin, traf die Leute beim Mittagessen, und bat sie um ein wenig Speiße und die Erlaubniß ein Weilchen bei ihnen bleiben zu dürfen, er sei krank und sehr müde und erfroren. Die Leute waren mitleidig, gaben ihm zu essen und ließen ihn hinter dem Ofen (in der sogenannten Hölle) Platz nehmen, um sich tüchtig aufzuwärmen.
Plötzlich entsteht im Pferdestall ein entsetzliches Schreien und Wiehern, Poltern und Stampfen. Alles eilt bestürzt hinaus, nur das Wochenkindlein bleibt in seiner Wiege und der Wanderbursche in der Hölle. Alsbald erscheint der Mann aus dem Walde, ergreift das Kind und legt seinen Wechselbalg in die Betten. ber der Wanderer springt hervor, ringt mit ihm und entreißt ihm das Kind. Die Eltern kommen herbei, der Unhold entflieht, der Wanderer erzählt nun ausführlich, in welcher Gefahr das Kind gewesen sei und setzt dann, begleitet von den Dankeswünschen der Eltern, seinen Wanderstab weiter.

mündlich mitgetheilt von Hr. Dr. Haupt

Die Kegelschieber auf dem Löbauer Berg

Einst besuchten zwei Löbauer Bürger ganz allein den Berg und trafen oben zu ihrem Erstaunen eine Menge ganz kleiner Leutlein, welche Kegel schoben und sie höchst freundlich und zuvorkommend einluden, mitzuspielen. Es wurde geschoben und geschoben bis spät in die Nacht, und als sich endlich des Spielens müde die beiden Herren empfahlen, machten die Zwerge jedem von ihnen eine Kugel zum Geschenk. Diese waren sehr groß und schwer, so daß des Tragens müde der Eine sie alsbald in’s Gebüsch warf, der Andere aber klüger, schleppte sich damit bis nach Hause und entdeckte hier zur größten Freude, daß es eine goldene Kugel sei. Er gelangte hierdurch zu ungeheuerem Wohlstand, und seine Nachkommen, die man noch heute in der Stadt Löbau kennt, erfreuen sich noch jetzt des Segens dieser goldenen Kugel.

aus Borott „Der Löbauer Berg und der Friedrich-August-Thurm“ 1854

Das Holzweibchen in der Lausitz

Sowohl die eben genannte böse Frau als das Holzweibchen hat eine große Aehnlichkeit mit der uns schon bekannten Mittagsfrau (unter weitere Naturgeistersagen). In der Zittauer Gegend bei Hainewalde, Dittersbach, Großschönau, Cunnersdorf, Oderwitz erblickt man es oft, wie es in Gestalt einer kleinen zusammengeschrumpften alten Frau mit runzlichem Gesichte, eine Hocke Holz in einem Korbe auf dem Rücken oder Reißholz in der Schürze tragend auf eine Stock gestützt einher wandelt, oder an Kreuzwegen spinnend oder strickend im Busche sitzt. Wer es häßlich nennt oder gar verspottet, den haucht es an, wovon er Beulen und Geschwüre im Gesichte bekommt, oder hickt ihm, wenn er sich entfernt hat, auf, wovon er lahm wird. Wer es aber lobt oder ihm gar Geschenke reicht, dem vergilt es solche wiederum, schenkt ihm Gespinste oder Strickwaaren, welche sich wunderbar vermehren und Glück und Segen ins Haus bringen. Zuweilen sieht man auch ein verwimmertes Männchen Holz auf dem Rücken tragen, und wenn es die Holzhauer unterstützen wollen, ertönt ein schallendes Gelächter und die Armen versinken im Sumpfe. Diesem schlägt die Axt vom Helm, jenem zerspringt das Sägeblatt etc.
Einst hütete eine Kuhhirtin am Buschrande das Vieh und spann, da bittet ein Buschweibchen sie zu kämmen, wofür sie ihr auch eine Spille vollspinnen wolle: Beides geschieht. Als nun des Abends die Hirtin das Garn abweift und ein Strähn, ein zweiter, ein dritter geweift und noch mehr vorhanden ist, ruft sie aus: „den Donner, das hat auch gar kein Ende!“ und siehe da, die Unverständige hatte ihren Lohn weg denn das Garn ging bald auf. Ueberhaupt durfte man bei solchen öfters als Geschenk von ihnen gewährten Knäulen nicht das Ende aussuchen, weil es dann bald zu finden war, während der Knaul, ohne daß darnach geforscht wurde, fortwährend aushielt. Ein gleicher Dienst wurde von einem andern Buschweibchen durch eine Schürze voll Laub belohnt, doch als die Hirtin dieses als unnütz weggeworfen hat, und nach Hause gekommen, an ihrer Schürze noch ein Goldstück bemerkt, sieht sie ein, was sie wegwarf, konnte aber das Weggeworfene nicht wiederfinden. Ein am Forste bei Spitzkunnersdorf pflügender Bauer sieht einst die Buschweibchen eifrig mit Anstalten zum Kuchenbacken beschäftigt, und bittet endlich, ihm auch einen solchen zu backen, sie versprachen es, und er fand den Morgen darauf einen schönen Kuchen auf einem Ackerraine.

aus Preusker „Blicke in die vaterländische Vorzeit“ 1845

Der Zwerg bei Hörnitz

Unweit der Stadt Zittau beim Dorfe Hörnitz liegt ein von Porphyrschieferstücken wild zusammengeworfener mittelmäßig hoher Berg, von welchem man sich folgende Sage erzählt. In der Geisterstunde vom 14. bis 15. Januar d.i. in der Nacht vor St. Vitus, entsteigt diesem bemoosten Felsen unter Donner und Blitz ein äußerst ungestalteter Zwerg mit dickem Kopfe, rothen Triefaugen, Säbelbeinen und zwei gewaltigen Höckern auf dem Rücken, welcher in der linken Hand einen mit Edelsteinen reich besetzten goldenen Becher, in der rechten aber einen großen Erdmolch hält, und wo denn, im Falle er ihn in den Becher taucht und aus demselben eine blaue Flamme entsteigt, die Umgegend Brandunglück trifft; wenn hingegen selbigem Blut entquillt, so ereignet sich in der Gegend eine Mordthat. Der Zwerg dreht übrigens den Kopf bald auf diese, bald auf jene Seite, öffnet den Mund, als wenn er sprechen wolle, stampft mehrere Male mit dem Fuße auf einen gewissen Fleck des Berges, und verschwindet mit einem Seufzer unter Donner und Blitz beim ersten Hahnenrufe. Er kann, da er warnt und Niemandem je geschadet hat, nicht bösartig sein, scheint jedoch wohl etwas geiziger Natur zu sein, indem noch nie bekannt geworden ist, daß er Jemandem etwas geschenkt habe.

aus Gräve „Volkssagen der Lausitz“

Der Veens- oder Feensmännelberg bei Ostritz

Am rechten Neißeufer auf der von Rhonau bis Niederau sich hinziehenden Anhöhe südöstlich von dem Städtchen Ostritz liegt der zu dem Dorfe Blumberg gehörige Veens- oder Feensmännelberg. Nach der Volkssage ist dieser Berg ehedem von einem von Statur kleinen Völkchen bewohnt gewesen, welches daselbst früher als die Ostritzer ansässig war, und von welchem diese, wenn sie Bier brauen wollten, meist eine Braupfanne zu entleihen pflegten. Als Erkenntlichkeit dafür wurde bei der Rückgabe der letzteren, welche stets bei einem über die Neiße führenden Steg zur Abholung hingesetzt ward, eine Semmel hineingelegt. Dies freundschaftlich nachbarliche Verhältniß dauerte lange Zeit fort, bis einstmals Jemand die Danksemmel aus der Pfanne und eine Unreinlichkeit dafür hineingethan hat. Als in der Folge das Städtchen Ostritz in Besitz von Thurmglocken gelangte, und die Feensmännel besonders den Ton der großen Glocke nicht vertragen konnten, haben sie den Berg gemeinsam verlassen, und ihren Weg durch die Altstadt von Ostritz, mithin von Osten nach Westen zu genommen, ihre Häupter sind bei diesem Zuge mit Melkgelten bedeckt gewesen. Noch zeigt man einen Weg zwischen zwei Häusern, den sie einschlugen. Oft wird von den dortigen Einwohnern ihrer gesprächsweise gedacht, und z.B. von Jemandem in sehr kurzen Kleidern gesagt: er geht wie ein Feensmännel, u. dergl. Im Augenblick der Sacramentswandlung in der Christnacht öffnet sich der Berg, dann sieht man eine Schaar kleiner Männchen (nach Andern Greise mit langen weißen Bärten) in kurzen Kleidern in großen Goldhaufen wühlen, die dem dorthin verschlagenen Wanderer mit eintöniger Stimme zurufen: „greif einen Griff und streich einen Strich und packe Dich!“ Wem nun das Glück wohl will, daß er gerade in diesem Augenblicke dahin kommt, der kann sich so viel von den dort aufgethürmten Goldhaufen nehmen, als er mit einem Griff fortbringen kann, aber ja nicht mehr.

aus „Lausitzer Magazin“ 1838

Zwergsagen in der Gegend um Zittau

Das fabelhafte Volk der Zwerge (slavisch ludki*) lebt ebenso in den Lausitzer Sagen wie in denen anderer deutscher Provinzen. In der Zittauer Gegend heißen sie Querxe, und man nimmt gewöhnlich kleine Höhlen und Felsenspalten als ihre Wohnsitze an. So giebt es z.B. am Breitenberge bei Haynewalde ein Querxloch und einen Querxbrunnen, desgleichen bei Dittersbach zwischen Großschönau und dem benachbarten böhmischen Dorfe Warnsdorf ein Querxloch etc.
Am Meisten trieben sie sonst ihr Wesen mit den Bewohnern der um den Breitenberg gelegenen Dörfer, wer Muth hatte, konnte ihr Thun und Treiben näher beobachten und es täglich sehen, wie einer nach dem andern zum sogenannten Querxloche aus- und einging. Ebenso quollen beständig neue Zwerge aus dem Querxborne heraus. Den benachbarten Dorfbewohnern wurden sie besonders dadurch lästig, daß sie sie öfters, wiewohl unsichtbar, beschmaußten und ihnen Brod und andere Speißen aus den Häusern nahmen. Zum Glück wußte man endlich eine Vorkehrung gegen diese Broddiebe ausfindig zu machen; dies war nämlich der Kümmel, denn ein Brod, worin einige Kümmelkörner mitgebacken worden waren, rühren die Querxe nie an; es hatte dann einen Geschmack, der ihnen zuwider war. Bisweilen sollen sie den Leuten aber auch Geschenke gemacht haben. Einst hörten sie von Ungefähr, daß ein Bauer aus Bertsdorf, der nicht wiet von ihnen sein Feld bearbeitete, von seiner Frau nach Hause gerufen wurde, um zu einer Hochzeit, zu der sie beiderseits an jenem Tage geladen waren, sich fertig zu machen. Dies ließen sich die Querxlein nicht ungesagt sein, sie berathschlagten unter sich und waren bald einig, jene Hochzeit auch insgesammt zu besuchen, und sich einmal einen recht guten Tag auf anderer Leute Unkosten zu machen. Ueberall ruften sie einander zu und erinnerten einander noch ausdrücklich, die Nebelkäppchen nicht zu vergessen und mitzunehmen. Dies hörte ein anderer Bertsdorfer Einwohner, der ebenfalls auf dem Felde an des Berges Fuße arbeitete, und halb im Spaße, halb im Ernste rief er den Querxen zu, auch ihm eine Nebelkappe mitzubringen. Die Querxe ließen sich bereitwillig finden, brachten ihm wirklich eine mit, und erlaubten ihm ebenfalls mit zu jener Hochzeit zu gehen, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, bei Tische ja von den Ueberbleibseln nichts mit sich zu nehmen, wenn er sich nicht ihren Zorn zuziehen wolle. Uebrigens ließen sie ihm in Rücksicht des Essens und Trinkens völlige Freiheit. Der Bauer ging mit und ließ sich völlig unsichtbar Alles wohlschmecken. Als der Schweinebraten an die Reihe kam, konnte er aber doch der Lust nicht widerstehen, ein Stückchen für seine Frau und Kinder einzustecken, doch kaum war es geschehen, so riß ihm ein Zwerg das Mützchen vom Kopf, und er saß nun den Hochzeitsgästen sichtbar mit unter ihnen in seiner Alltagskleidung am Tische. Man staunte nicht wenig, und als er die Ursache des Mitkommens, und daß auch noch Zwerge zwischen jeden zwei Gästen säßen, erzählt hatte, war es den letzteren erklärlich, daß jede Schüssel immer so bald ausgeleert und auf der Hochzeit so äußerst viel gegessen worden sei. Doch der Hausvater zürnte nicht, bat vielmehr den Bauer auch für den andern Tag zu Gaste, und obwohl dies nicht bei den Querxen geschehen war, so merkte man dennoch ihre Gegenwart an dem wiederum sehr sichtlichen Abnehmen der aufgetragenen Speißen.
Uebrigens waren die Querxe nicht immer so begehrlich und gewinnsüchtig, sondern ihre Besuche waren bisweilen vortheilhaft für die Bewohner eines Hauses, z.B. wenn sie sich bei Taufgastmählern und überhaupt in Wochenstuben einstellten, dann drängten sie sich nicht als ungebetene Gäste zu den Tischen hin, sondern hielten, wenn auch vielleicht nicht für Alle, doch wenigstens für die Wöchnerin sichtbar, ihr eigenes Mahl, entweder unter dem Ofen oder unter dem Bette der Wöchnerin, wo man sie, um die Wöchnerin nicht etwa Gefahren auszusetzen, gern ungestört und in Ruhe ließ. Sie waren auch wohl höflich und brachten der Wöchnerin etwas von ihren Eßwaaren, z.B. einen Zwieback, zum Geschenk in’s Bette. Einst hörte eine Wöchnerin, die noch das Bett hütete, und eben allein in der Stube war, plötzlich ein ungewohntes Geräusch in ihrem Zimmer, sie blickte nach der Gegend, von wo es herzukommen schien, und sieht zu ihrem nicht geringen Erstaunen, daß in der Nähe des Ofens unten an der Wand plötzlich eine, nur unbedeutend große Oeffnung sichtbar wird, und heraus ein kleines graues Männchen ode Querxlein hervorkommt, mit vielen Grüßen ihrem Bette sich nahend. Er redet sie mit Höflichkeit an, und erbittet sich die Erlaubniß, daß eine Gesellschaft ein Gastmahl in dieser Stube halten möge, und verspricht für die Erlaubniß im Namen Aller erkenntlich zu sein. Die Wöchnerin ertheilt die erbetene Erlaubniß und das Männchen empfiehlt sich mit vielen Begrüßungen wieder. Bald darauf hört die Wöchnerin durch jene Oeffnung ein neues noch größeres Geräusch, und das kleine graue Männchen erscheint wieder an der Spitze von einer Menge ebenso kleinen Hausgesindes, das wie geschäftige Ameisen, kleine Tische und Stühle und ganze Körbe voll der köstlichsten Eßwaaren und Speißen durch jene Wandöffnung herbeibringt, und nun damit die Tische auf’s Schönste besetzt. Jetzt erschallen Töne aus der Ferne, sie nähern sich allmälig, und es treten nun, ebenfalls durch jene Oeffnung mehrere Tonkünstler mit Saiten- und Blastonwerkzeugen ein, an die sich ein langer bunter Zug von lauter solchen kleinen Wesen anschließt. Die Gesellschaft nimmt Platz an den Tischen und hält ein lebhaftes vergnügtes Mahl unter der angenehmsten Tischmusik. Nach aufgehobener Tafel etönt eine muntere Tanzmusik, und schon fangen die kleinen Leutchen an sich bunt durch einander zu drehen und zu schwenken, als plötzlich ein neues Querxlein in’s Zimmer gestürzt kommt, die Hände über dem Kopfe zusammenschlägt und voller Betrübniß ausruft: „O große Noth, o große Noth! Die alte Mutter Pump ist todt!“ Wie ein Donnerschlag tönt dies den kleinen Gästen in den Ohren, so schnell als möglich nimmt jeder die Flucht. Alles was von den Sachen da war, wird eiligst hinweggeschafft, und zwar Alles zu der Oeffnung wieder hinaus, wo es hereingekommen war. Die ganze Stube war nun wieder leer und einsam, nur jenes kleines Wesen, das allem Anschein nach die Stelle eines Geprängmeisters bekleidete, war noch zu sehen; es kam auf die Wöchnerin zu, erzählte ihr, daß der plötzliche Tod der Ahnfrau ihres Stammes sie in Schreck und große Betrübnis versetzt habe, und daß sue nun ehr unglücklich werden könnten; es bedankte sich übrigens höflich für die ertheilte Erlaubniß des Zutritts in die Wochenstube, und schenkte der Wöchnerin im Namen der ganzen Gesellschaft zum Danke dafür drei Geschenke, nämlich einen goldenen Ring, einen silbernen Becher und ein Waizenbrödchen. Diese drei Dinge, sagte das Männchen, seien von der größten Wichtigkeit, denn so lange sie alle drei vereint in dem Stamme bleiben würden, werde er immer größer, angesehener und reicher werden, und Glück und Ruhm werde sein Eigenthum sein. Sie müßten daher alle drei als ein werthvolles Heiligthum betrachtet und sorgfältig aufbewahrt werden, der Ring aber solle allemal in dem Geschlechte des ältesten Sohnes verbleiben und von dessen Gemahlin getragen werden. Hierauf empfahl sich sich das Männchen höflichst wieder, und verschwand durch die bewußte Oeffnung und diese mit ihm. Der Wöchnerin war es, als ob sie aus einem Traume erwache, und sie würde auch Alles für einen Traum gehalten haben, wenn nicht die drei Geschenke ihr so in die Augen geglänzt hätten. Sie rief nun ihre ganze Sippschaft zusammen, und man berathschlagte, wie diese Kostbarkeiten am Besten zu verwahren seien. Es ward ein fester steinerner Thurm erbaut, und der silberne Becher und das Waizenbrödchen tief in seinem Innersten verwahrt, so daß Niemand im Stande war, diese heilbringenden Gaben dem Stamme zu entwenden, den Ring aber trug die, der er geschenkt worden war, unablässig an der Hand. Nach ihrem Tode aber erbte er als ein Altersantheil der Vorschrift gemäß von Glied zu Glied fort, und daß man das Glück, welches ihnen von Jahr zu Jahr immer schöner erblühte, nur einem höheren Schutze zuschreiben konnte. Siehe, da war einst die Besitzerin dieses Ringes so unvorsichtig, ihn zu verlieren, und alles Nachsuchens ungeachtet war er schlechterdings nicht wieder aufzufinden. Trostlos brach die Familie in Klagen aus, und fürchtete den Zorn jener Wesen, deren Hülfe sie sich bisher zu erfreuen gehabt hatten. Mit Recht, denn ein Ungewitter erhob sich plötzlich über jenem alten Thurme, der als Trutz- und Schutzwehr dieser Geschenke galt, spaltete ihn nach einem furchtbaren Blitz und Gekrach von oben bis unten, und verschlang in einem Nu die verehrten Heiligthümer. Von diesem Augenblicke aber ging der Verheißung nach der Stern dieses Geschlechtes unter, denn mit dem Besitze dieser Geschenke war auch seine Größe und Wohlstand für immer dahin.
Aehnliche Geschichten werden übrigens von verschiedenen Adelsgeschlechtern erzählt (s. Grimm, deutsche Sagen Nr.35. 41. u. oben Nr. 395), nur mit dem Unterschiede, daß in einer Familie der Unglücksbote gerufen haben soll: „der König ist todt,“ und in einer andern wieder: „Urban ist todt.“
Zu dem Besitzer der am Berge bei Dittersbach auf dem Eigen in der Oberlausitz gelegenen Halbhufe kam einst, während er ackerte, ein Zwerg und bat ihn, es Hübel (einem weiblichen Zwerg) zu sagen, daß Habel (ein männlicher Zwerg) gestorben sei. Als nun der Bauer diesen ihm sonderbaren Vorfall beim Mittagsessen erzählt, kommt ein bisher nie bemerktes Weiblein aus einem Winkel der Stube zum Vorschein, eilt wehklagend zum Hause hinaus und den Berg hinauf,ohne daß man es je wieder gesehen hat.
Uebrigens heißt es in einer alten Chronik des Eigenschen Kreises also: „Die Einwohner melden, daß von der Zeit, ehe die große Glocke (nämlich zu Dittersbach) ist gegossen worden, so geschehen 1514, im Dietrichsberge Zwerge gewohnt haben. Sie sind oft in’s Dorf gekommen und haben sich in die Häuser und Stuben verfüget, also daß die Leute ihrer gar gewohnt gewesen, nachdem aber die Glocke gegossen und geläutet worden, hat sie der harte Schall des Erzes, welchen sie nicht erdulden können, vertrieben, daß man derselben keines mehr gespüret hat.“ Die, welche auf oder in dem breiten Berge hausten, preßten aus dem nahen Dorfe Haynewalde einen Bauer mit ein paar Wagen und ließen sich fortfahren (nach Böhmen). Die beiden Wagen wurden gepfropft voll, denn die ganzen Querxe hinge sich darauf und daran, so daß an jeder Latte und jeder Speiche ein Querxlein hing. Den Bauer, der diese Fuhre übernahm, belohnten sie sehr reichlich, so daß er dadurch zu einem reichen Manne wurde, und alle seine Nachkommen sich dieses Glückes noch erfreuen konnten. Die Querxe sagten beim Abschiede, dann würden sie wiederkommen, wenn die Glocken wieder würden abgeschafft sein, und „Wenn Sachsenland (d.h. die Lausitz) wieder käm‘ an Böhmerland“, dann, meinten sie, würden auch bessere Zeiten sein.
Uebrigens soll sich alle fünf Jahre um 11 Uhr in der Nacht von Johannis Enthauptung auf jenem Berge eine Art Leichenzug sehen lassen. Ist nämlich der Mitternachtsstunde letzter Ton verhallt, so entsteigt dem daselbst befindlichen sogenannten Querxloche eine Menge in tiefste Trauer gehüllte Zwerge. Lange Flöre entwallen ihren kleinen runden Hütchen, acht Mann, welche gedämpften Posaunen Klagetöne entlocken, schreiten voran, ihnen folgt ein langer Zug, in dessen Mitte unter Vortritt eines Vornehmern als die andern sechzehn Zwerge, die das Sargtuch tragen, und denen eben so viel zur Seite stehen, ein offener Sarg folgt, in welchem ein ebenfalls so kleines todtes Männchen mit Silberhaaren und Bart, eine Krone auf dem Haupte und einen Scepter in der rechten Hand, liegt. Mit Blumen aus arabischem Golde und wundervollen köstlichen Edelsteinen ist der Sarg geschmückt. Nachdem sie dreimal in die Runde gezogen sind, wird der Sarg, nachdem er geschlossen, wiederum unter Wehklagen der Erde übergeben. Ist der Sarg in die Erde versenkt, so reinigen sich die Zwerge in dem daselbst befindlichen Querxborne, ordnen sich in Reihe und Glied, die Trauermusik beginnt, und nach und nach verschwinden sie wieder im Querxloche.
* Die vor dem Berliner Thore von Lübben befindliche Hügelkette heißt jetzt noch die Ludjenberge, weil die Zwerge in ihnen ihren Aufenthalt gehabt haben sollen.

aus „Lausitzer Magazin“ 1823; Liebusch „Chronik von Senftenberg“ 1827; „Lausitzer Monatsschrift“ 1797

Die Zwerghochzeit

Wenn man von Gaußig nach Neukirch geht, kommt man über eine mit verschiedenen Hölzern bewachsene Anhöhe, links neben derselben erblickt man aber einen freien, mit Wiesenblumen bedeckten Platz, gewöhnlich der Tanzplatz genannt. Von diesem erzählt man, daß in der Bartholomäusnacht auf einmal ein dichter Nebel von der Erde aufsteigt, aus welchem nach und nach kleine niedliche Geschöpfe beiderlei Geschlechts auftauchen, in das nächste Buschwerk schlüpfen und dann, wenn der Nebel verschwunden ist, Paar und Paar unter Vortritt von Spielleuten aus dem Dickicht kommen, ein schön geschmücktes Brautpaar mit ich führen, dreimal im Kreise herumziehen, sich dann an eine reich besetzte Tafel setzen, an welcher Braut und Bräutigam den Ehrenplatz einnehmen, sich an Speiß und Trank gütlich thun, und nach beendigter Mahlzeit in lustigem Reigentanze sich umherschwenken, bis sie, wenn der Frühnebel aufsteigt, in ihre unterirdische Wohnung zurückkehren. Wer ihnen durch Zufall in den Weg geführt wird, den beschenken sie reichlich, wer sie aber belauern will, der büßt seinen Vorwitz mit einem Buckel voll Prügel.

aus Winter „Constitut. Zeitung“ 1854

Das Silbergeschenk

Im Jahre 1600 am Tage St. Peter und Paaul ward ein armes Mädchen aus Brauna von ihren Aeltern ausgeschickt, um Holz zur Feuerung zusammenzulesen. Es war eine grimmige Kälte, und das Mädchen sputete sich gewaltig, wieder nach Hause zu kommen. Mit einer schweren Last beladen trat sie den Heimweg an, allein es erhob sich auf einmal so ein gewaltiges Schneegestöber, daß sie keinen Schritt vor sich sehen konnte. Dadurch kam sie aber von ihrem Wege ab, allein als sie von dem rechts auf dem Wege von Camenz nach Schwosdorf liegenden Berge ein Licht schimmern sah, ging sie darauf los, und hier trat ihr ein kleines Männchen in den Weg, welches sie fragte, was sie da trage und wo sie hin wolle. Auf ihre Klagen wegen ihrer Armuth antwortete er damit, daß er ihr befahl, ihm zu folgen, vorher aber ihren Korb leer zu machen. Sie kletterte ihm nun den Berg hinauf nach, und als sie oben angekommen war, sah sie wie aus einer Oeffnung des darauf liegenden gegen 5 Ellen hohen Steinklumpen bei einem hellen Feuer eine Menge Silbermünzen heraussprangen. Hier schüttete ihr das Männchen selbst ihren Korb aus, und befahl ihr, denselben mit dem Silber anzufüllen, und als sie sich anfangs weigerte, weil sie das Männchen für einen bösen Geist hielt, füllte es selbst ihren Korb mit den Silberstücken, half ihr denselben auf den Rücken, und brachte sie bis an das haus ihrer Aeltern. Als sie nun im Dorfe von ihrem gehabten Glücksfalle erzählte, da zogen die Bauern in Masse hinaus, um ebenfalls nachzugraben, allein keiner fand etwas, und so hörte das Wallfahren der Habsüchtigen dahin bald wieder auf.

aus Gräve „Volkssagen der Lausitz“

Das Holzweibchen zu Thiemendorf

In dem Gebirge bei Thiemendorf lebte ehedem das Geschlecht der Holzweibchen, klein von Gestalt und mit goldfarbigem, langem Haar. Dann und wann erschienen sie den Hirten, die am Saume des Waldes ihre Heerden hüteten. Einmal ist ein solches Weibchen gegen den Herbst zu einem Bauern gekommen, und hat den Winter über bei ihm gewohnt. Als jedoch der Frühling kam, der die Vögel wieder in’s Land lockt und das Gras und die Blumen hervorsprießen heißt aus der schwarzen Erde, da ist ein anderes Weibchen am Fenster der Hütte erschienen und hat gerufen: „Deutoseu!“ Auf dieses Wort ist das Holzweibchen in der Hütte seiner Schwester draußen gefolgt, und man hat beide seitdem nie wieder gesehen.

aus Köhler „Bilder aus der Oberlausitz“

Das Weihnachtsgeschenk

Wenn man von Budissin nach Görlitz geht, erblickt man ohnweit des Pfarrdorfes Krischa linker Hand einen mit Nadel- und Laubholz bepflanzten Platz, auf dem vor ohngefähr 100 Jahren noch eine Betsäule stand, die eine nicht mehr lesbare Inschrift trug. Der Ursprung derselben wird aber also erzählt. Es soll einst am heiligen Christabend ein armer Bürger aus Budissin nach Görlitz gegangen sein, um dort einiges Geld für von ihm dorthin gelieferte Arbeit zu holen. Allein wie ward ihm, als er dasselbe nicht erhielt, und dadurch seine Hoffnung, für seine sechs kleinen Kinder einige Christstollen zu kaufen, in den Born fiel. Traurig und mit banger Sorge vor dem kommenden Winter kehrte er in später Abendstunde in seine Vaterstadt zurück, da sah er, daß das rechts bei Krischa liegende Gebüsch mit einer Unzahl heller Lichter erleuchtet war. Er begriff allerdings nicht, was dies sein könnte, allein er faßte sich ein Herz und ging muthig auf das Gebüsch los, um zu sehen, was die Lichter zu bedeuten hätten. Da trat ihm am Eingange desselben ein kleines kaum vier Spannen hohes Männchen entgegen, grüßte ihn und rief ihm zu, er möge nur näher kommen, es sei ihm heute eine große Freude bescheert. Der arme Mann ließ sich dies auch nicht zweimal sagen, er trat unter die Bäume, und sah die kleinen Fichten ganz wie die Lichterbäume in der Stadt mit Aepfeln, Nüssen, Mandeln, Zuckerwerk und Honigkuchen behangen. Das Männchen lud ihn nun ein, sich davon so viel zu nehmen, als er wolle, um seinen Leuten zu Hause eine Weihnachtsfreude zu bereiten, und so füllte er sich denn den Sack, den er zum Tragen der Stollen bestimmt hatte, mit diesen wunderlichen Weihnachtsgaben an und machte sich auf den Weg nach seiner Heimath, nachdem er noch ausdrücklich die Lichter an den Bäumen hatte auslöschen sehen. Je näher er aber der Stadt kam, desto schwerer ward der Sack, und kaum vermochte er sein Haus zu erreichen, doch hütete er sich wohl, etwas aus jenem wegzuschütten, um sich seine Bürde zu erleichtern. An der Thüre kamen ihm schon seine Kleinen entgegen, welche lange schon auf ihn gelauert hatten, weil sie wußten, daß er ihnen einen heiligen Christ hatte mitbringen wollen, schnell warf er nun den Sack von den müden Schultern, allein wie ward ihm, als beim Oeffnen, statt der Aepfel, Nüsse etc., die er darin zu finden gedachte, eine Masse alter Goldmünzen herauskollerten. Damit war aber aller ihrer Noth ein Ende gemacht, nun konnte er seinen Kindern nicht blos Christstollen, sondern überhaupt Alles kaufen, was sich sein Herz wünschte. Er wendete aber das Geschenk des kleinen Männchens wohl an, er errichtete zur Erinnerung an jene himmlische Weihnachtsbescheerung an jener Stelle eine Betsäule, trieb sein Handwerk – er war ein Strumpfwirker – dermaßen in’s Große, daß dasselbe überhaupt in seiner Vaterstadt gehörig in Schwung kam, und ward der Ahnherr einer der angesehnsten und wohlhabendsten Familien der Stadt.

aus Winter „Constitut. Zeitung“ 1853

Die Zwerge in der Raudamühle

In der Raudamühle bei Eisenberg hielten sich vor langen Jahren eine große Menge Zwerge auf, die aber dem Hause Glück brachten und darauf sahen, daß immer darin Alles in gutem Stande war. Sie hielten auch das Vieh blank und rein, sorgten dafür, daß der Mühle es nie an ausreichendem Wasser fehlte, daß das Mehl recht weiß war und daß der Müller immer seine sichern Mahlgäste hatte, daß in der Küche und im Garten zur rechten Zeit alle Arbeit gemacht war. dafür verlangten sie aber auch, daß ihnen täglich an einen gewissen, von ihnen bestimmten Ort ein Körbchen mit Obst und ein schön gelb gebräuntes Weißbrot hingesetzt ward, welches dann von ihnen verzehrt wurde. Auch wenn Kuchen gebacken wurde, verlangten sie ihren Theil davon, und bekamen sie ihn einmal nicht, so konnten die Müllersleute darauf rechnen, daß ihnen die Kobolde irgend einen Schabernack zufügten, dies wußten sie auch und darum vergaßen sie nie, denselben ihren Tribut darzubringen. Nun hatten sie aber in Erfahrung gebracht, daß die Zwerge keinen Kümmel im Brode leiden konnten, war je einmal es versehen worden und Kümmel hineingekommen, so hörte man die ganze Nacht hindurch Jammern und Klagen in der Mühle. Inzwischen kam eine junge Frau ins Haus und als diese von ihrem Manne diese Eigenthümlichkeit ihrer kleinen Hausgenossen gehört hatte, beschloß sie diesselbe zu benutzen, um vielleicht so ihren Wunsch, die kleinen Leute einmal zu sehen zu bekommen, zu erreichen. Sie setzte ihnen also eines Abends ein schönes gelbbraunes knuspriges Brötchen hin, in welches sie aber absichtlich eine Menge Kümmel hineingebacken hatte, die Zwerge aßen es auch, aber es bekam ihnen schlecht, man hörte die ganze Nacht hindurch ihr Klagen und Stöhnen. Am MOrgen aber als die Müllerin ihrem Manne ihren losen Streich erzählte, da schlug er die Hände über dem Kopfe zusammen und rief: „Frau, was hast du gethan? Du hast die guten Zwerge beleidigt, mit unserm Glück ist es aus!“ Und so war es auch, die folgende Nacht zogen die Zwerge auf Nimmerwiederkehr mit Sack und Pack auf und davon und von Stund‘ an wich der Segen von der Mühle, der Müller verarmte, da die Mehlgäste immer seltener wurden, weil kein feines Mehl mehr gemacht werden konnte, und die Müllerin selbst starb bald nachher.

aus Greß „Holzlandsagen“

Das Graumännchen

Ein Graumännchen gesellte sich einst zur Ronneburger Botenfrau und verlangte, neben ihrem Karren herhüpfend, diesen ziehen zu dürfen – erst bei einem Kreuzwege verschwand es.
Für einen fremden Gesellen, der in Ronneburg in Arbeit stand, webte des Nachts ein graues Männchen. Der Meister sah nun einst durchs Schlüsselloch, wem er das schöne Zeug eigentlich danke und jagte den Gesellen, der immer nur geschlafen hatte, aus dem Hause. Aber da ist auch das Graumännchen weggeblieben und mit dem Wohlstande im Hause war es auch aus.

aus Eifel „Voigtländisches Sagenbuch“

Das Brod mit harten Thalern

Einst gingen zwei Bauerweiber, die leeren Tragkörbe auf dem Rücken, von Steinsdorf, einem Dörfchen an der Saale in der Nähe der Stadt Leutenberg, in die nahegelegene Waldung und besprachen sich freundlich mit einander über ihre häuslichen Geschäfte. Beide wollten am nächsten Morgen für ihr Gesinde und Angehörigen Brod backen. Da wurde mit einem Male ein Waldweibchen ihnen zur Seite sichtbar, bat und sprach:
Backt doch ein Brod,
Auch mir in meiner Noth,
Groß oder klein,
Am Besten wie ein halber Mühlstein.
„Ach, liebe Frau! wir haben selbst Mäuler genug zu füttern!“ lautete die Antwort der Bäuerinnen, „der Ofen langt kaum zu, um Brod genug für uns zu backen“. „Darum wißt Ihr auch, wie Mangel thut und Armuth drückt“, erwiderte die kleine Bettlerin, „erbarmt Euch doch, backt mir ein Brod und legt es morgen hierher auf diesen dreifach bekreuzten Stock“. Weg war nach diesen Worten das wunderbare Wesen. Die Bauernfrauen besprachen sich hin und her, was zu thun sei, allein großmüthig meinten sie zuletzt, sie dürften doch das arme Ding nicht vergebens Brod auf leerem Stocke suchen lassen, und bucken aus ihrem Vorrath von Mehl gemeinschaftlich ein Brod so groß wie andere Brote auch. Drauf gingen sie und trugen es in den Wald an den bemerkten Ort.
Nach drei Tagen machten nun jene Weiber denselben Weg ins Holz. Da fiel ihnen das Brod ein: „wird es denn das Waldweibchen geholt haben?“ sie sahen nach, aber die ihnen so schwer gewordene Gabe lag noch unanagerührt, wie es schien, auf derselben Stelle. Hatte die kleine Frau sie blos zum Besten gehabt mit ihrer Bitte und die Gabe nun verschmäht? war die Hilfe zu spät für die Leidende gekommen? oder war sie zuletzt eine Beute Berndietrichs geworden? Die eine Möglichkeit wie die andere bekümmerte die guten Bauerweiber. Unrecht aber, das sahen sie ein, wäre es gewiß, wenn sie das liebe Gut noch länger draußen liegen lassen wollten. Sie nahmen also das Brod auf, aber, hilf Himmel! wie schwer war es doch geworden; es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Neugierig schnitten die sich verwundernden Weiber den Laib Brodes auf, aber siehe, lauter harte Thaler rollten daraus hervor. Wer war froher erschrocken als die Beiden? Redlich wurde der reiche Lohn ihrer Gutherzigkeit von ihnen getheilt; es war Geldes genug für ihr beiderseitiges Auskommen auf lange Zeit hinaus.

aus Börner „Volkssagen aus dem Orlagau“ 1838

Die Sagen von Scheibenberge und seinem Zwergkönig.

Das Städtchen Scheibenberg im Obererzgebirge hat seinen Namen von dem an seiner nordwestlichen Seite befindlichen tafelförmigen Basaltberge gleiches Namens. Derselbe soll von Zwergen bewohnt sein und reiche Schätze in sich schließen. So trug es sich zu, daß im Jahre 1605 M. Lorenz Schwabe, Pfarrer in Scheibenberg, mehrere Gäste aus Annaberg bei sich hatte und seine Frau etliche darunter befindliche Freundinnen über und um den Scheibenberg führte, um ihnen die Gegend zu zeigen. Sie trafen ein Loch darin an, in welches drei Stufen führten, und in diesem lag ein glänzender Klumpen wie glühendes Gold. Darüber erschracken sie, gingen eilends wieder heim und führten den Pfarrer sammt den Gästen heraus, konnten aber das Loch nicht wieder finden. Allerdings befindet sich auch an der Morgenseite des Berges eine Art Höhle, das Zwergloch genannt. Darin wohnten sonst der Sage nach viele Zwerge, deren König Oronomassan (nach Anderen Zembokral) hieß. Sie waren nicht über 2 Schuh lang und trugen recht bunte Röckchen und Höschen. Es schien ihr größtes Vergnügen zu sein, die Leute zu necken; sie thaten aber auch Manchem viel Gutes und halfen vorzüglich frommen und armen Leuten. Einst im Winter ging ein armes Mädchen aus Schlettau in den am Fuße des Scheibenbergs gelegenen Wald, um Holz zu holen. Da begegnete ihr ein kleines Männchen mit einer goldenen Krone auf dem Haupte, das war Oronomassan. Er grüßte das Mädchen und rief gar kläglich:“ach, Du liebe Maid, nimm mich mit in Deinen Tragkorb! Ich bin so müde, und es schneit und ist so kalt, und ich weiß mir keine Herberge!Drum nimm mich mit zu Dir in dein Haus!“ Das Mädchen kannte den Zwergkönig zwar nicht, aber da er so flehentlich bat, so setzte sie ihn in ihren Tragekorb und deckt ihre Schürze über ihn, damit es ihm nicht auf den Kopf schneien möchte. Darauf nahm sie den Korb auf den Rücken und trat den Rückweg an. Aber das Männchen in dem Korbe war centnerschwer und sie musste alle Kräfte zusammen nehmen, daß sie die Last nicht erdrückte. Als sie nach Hause gekommen, setzte sie den Tragkorb keuchend ab, und wollte nach dem Männchen darin sehen, und deckte ihre Schürze ab. Aber wer schildert ihr freudiges Staunen? Das Männchen war fort und statt seiner lag in dem Tragkorbe ein großer Klumpen gediegenen Silbers.

Lehmann „Obererzgebirgischer Schauplatz“

Das Männchen in der Grube zu Johann Georgenstadt.

Am 7. August des Jahres 1719 arbeitete in dem Bergwerke zur Treuen Freundschaft vor dem tiefen Ort der Häuer Johann Christoph Schlott, und da man zu Mittag auspocht, hört er gegen den Schacht noch Jemanden husten, meint daher, es werde der Steiger vor Ort fahren, solches in Augenschein zu nehmen. Nach dem sich aber gleichwohl Niemand einstellt, will er auch ausfahren, und als er sich kaum umgewendet, nimmt er wahr, wie ihm Jemand vom Schacht her mit brennendem Grubenlichte entgegenkommt, welches Schlotten in seinem vorigem Wahn, daß es der Steiger sei, bestärkt. Doch da sie endlich Beide auf der Strecke zusammenstoßen, nimmt jener wahr, daß es ein sehr kleiner Mann in einem braunen Kittel ist, der eben, in dem er an Schlotten vorbeifährt, sein Grubenlicht an`s Gestein hängt, so auch alsogleich hängen bleibt, nicht weniger auch die Tasche ablegt und zu Schlotten spricht: „ist schon Schicht?“ denn die Bergleute fuhren an diesem Tage wegen der Beerdigung des Hammerwerksbesitzers J. Chr. Fischers eine Stunde früher aus. Ueber sothaner Anrede überfällt aber Schlotten ein Schauer, er eilt also davon und trifft keinen Arbeiter mehr in der Grube an, er zählt diese Begebenheit darauf den Steiger, der zwar anfangs nebst den anderen Arbeitern ihm nur schlechten Beifall giebt, endlich aber muß Schlott den Ort zeigen, woran das Männchen sein Grubenlicht gehangen, und weil man daselbst ein Klüftlein wahrnimmt, wird ein Schuß gebohrt, welcher auch sofort von Erz zeigt, und hat man hierauf unterschiedliche Quartale davon gute Lieferungen thun können.

Engelschall „Beschreibung von Johann-Georgenstadt“ 1724

Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau.

In der Nähe von Glauchau befindet sich der sogenannte Schafteich, der fast eine halbe Stunde im Umfang hat und beinahe den ganzen ebenen Raum zwischen dem Schneeberge, der Mulde und der Lungwitz einnimmt. Nahe bei diesem Teiche befindet sich eine Art Stolln, der weit hinein in die Erde reicht, und den man gewöhnlich die Räuberhöhle nennt. In derselben soll es aber nicht geheuer sein. So erzählt man, daß einst ein armer Hirtenknabe an jener Höhle fast täglich gespielt und oft von brennender Neugierde gequält worden sei, einmal hinein zu kriechen, um zu wissen, was denn eigentlich darin sei. Nun getraute er sich aber, so beherzt er sonst auch immer war, doch nicht so recht hinein, weil er den Rückweg zu verfehlen dachte. Da sah er einmal eine schwarze, goldgesprenkelte Henne in den Eingang kriechen und gackern, gerade als wenn sie legen wollte. In der Hoffnung, ihr Nest zu finden, folgte er ihr einige Schritte, allein bald ward es ihm zu unheimlich und zu finster und so kehrte er wieder um. Da er nun aber die Henne auch die nächsten Tage immer wieder an demselben Orte fand, so dachte er darüber nach, wie ihm wohl die Henne den Weg in das Innere der Höhle zeigen könne. Er nahm also einen starken Knäuel Garn und band der Henne einen Faden desselben an das Bein, und diese zog ihn nun ganz langsam, gerade als ob sie seine Absicht merke, hinter sich in die Höhle. Schon war aber das Garn fast ganz abgeweift, da sah er auf einmal vor sich ein brennendes Licht. Allein wie ward ihm, als er bemerkte, daß dasselbe aus den Augen eines schwarzen zottigen großen Hundes mit furchtbarem Rachen und scharfen Klauen ausströme! Neben demselben stand aber ein Männchen in einem grauen Mäntelchen, das hatte einen großen Sack Geld in der Hand und rief ihm zu, er möge nur näher kommen. Allein der Knabe wagte es nicht, und nur erst, als das Männchen ihm nochmals zurief, er könne es ohne Gefahr thun, wagte er es. Hierauf reichte ihm der Graumantel eine Hand voll Thaler und sagte, er könne hierher so oft kommen, als er wolle, er solle jedesmal eine gleiche Summe bekommen, nur dürfte er Niemanden sagen, wo er das Geld her habe, sonst sei er verloren. Der Knabe fand nun den Rückweg sehr leicht, allein da er Niemanden, auch seinen Eltern nicht, sein Glück mittheilen konnte, so blieb ihm nichts übrig, als das Geld zu vernaschen. Dies that er auch nach und nach, und als dasselbe verthan war, begab er sich wieder in die Höhle und holte sich eine zweite Auflage des vorigen Geschenks. Weil nun aber der Knabe gar zu oft bei dem Kaufmann Näschereien kaufte und stets in blanken Thalern bezahlte, schöpfte derselbe Verdacht, das Geld sei gestohlen, und theilte seine Wahrnehmung dem Vater des Knaben mit. Da dieser nun recht gut wußte, daß sein Sohn nicht Pfennige, geschweige denn Thaler haben könne, so suchte er erst durch Drohungen herauszubringen, wo das Geld her sei, und als der Knabe es nicht gestehen wollte, prügelte er ihn so lange auf’s Unbarmherzigste, bis derselbe Alles gestand, aber auch hinzusetzte, daß ihm gewiß kein Brod gebacken sei, weil er das graue Männchen verrathen habe. Und so geschah es auch, denn als der Hirt am anderen Morgen seinen Sohn, der ihm zu lange zu schlafen schiehn, aufwecken wollte, war er todt, der Böse hatte ihm den Hals umgedreht.

Die Sagen von Greifenstein

I. Zwischen Geyer, Thum und Ehrenfriedersdorf liegt der sogenannte Greifenstein hoch auf einer wilden Höhe im Walde: es sind Felsen, die sich gählings bald höher bald niedriger in die Höhe erheben und aussehen, als wären große Steine in einer gewissen Ordnung mit Fleiß aufeinander geschichtet; rings herum liegen ebenfalls viele große Felsstücke mit Erde bedeckt und überraset, mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, ganz so wie wahrscheinlich eine vorweltliche Erdumwälzung diese sonderbaren Steingruppen gestaltet hat; die Namen sollen die Felsen daher haben, daß hier einmal ein Greif genistet hat. Unter einem dieser Felsen ist ein offenes Loch zu sehen, in welches ein Mensch ganz bequem hinein kriechen kann. Von diesem Loche erzählen alte Leute, daß vor Zeiten einst eine Magd, die sonst, wenn sie an dem Orte gegrast, öfters daselbst mit Namen gerufen ward, im Beisein einer anderen Magd auf abermaliges Rufen hinein gegangen sei, nachdem sie letzterer verlassen, sie solle ihr, wenn sie schreien werde, zu Hilfe kommen. Es hätte nun die hineingehende einen großen Kasten mit Geld und Gold und einen Hund dabeiliegend und auf Befehl einer Stimme das Grastuch damit angefüllt. Als aber inzwischen der Eingang ganz enge geworden sei und sie deshalb der anderen Magd um Hilfe zugerufen, wäre der Hund auf sie losgesprungen und hätte alles von ihr Eingeraffte wieder aus dem Grastuche herausgescharrt, darauf sie voller Schrecken von der andern herausgezogen worden, den dritten Tag nachher aber vor Furcht gestorben sei. Es sei auch einst ein gewisser alter Mann, Namens Christoph Hackebeil, verführt worden, daß er des Nachts über daselbst in einer Höhle bleiben müsse.

II. Einst lebte in Geyer ein armer Häuer Namens Hans Geißler, der war blutarm und hatte ein schwangeres Weib und viele Kinder und wusste sich oftmals keinen Bissen Brod. Am größten war aber seine Noth am Sylvesterabend, als die Niederkunft seines Weibes auf wenig Stunden nahe war, und er weder eine warme Stube noch sonst eine Erquickung, ja nicht einmal eine Wehmutter für sie hatte. Er eilte hinaus, eine erfahrene Muhme zu holen, verirrte sich aber bei dem gräßlichem Schneegestöber vom Wege und kam durch tiefe Wehen sich mühsam durcharbeitend, zuletzt an die Felsenschichten des Greifensteins. Er erschrack und wollte umkehren, als der Berggeist ihm erschien und mit freundlichen Blick ihn also ansprach: „Eile, glücklicher Vater! Gott hat dein Weib mit drei holden Knäblein gesegnet! Wenn Du nichts dawider bist, will ich dein Gevatter sein!“ Da verließ Hansen die Furcht und antwortete: „In Gottes Namen magst Du mein Gevatter sein, aber wie thue ich Dir die Stunde der Taufweihe kund?“ Wie nun der Berggeist lächelnd sagte, daß er ohnedem zur rechten Zeit kommen werde, da verließ sich Hans darauf und eilte heim. Sein Weib hatte ihm wirklich drei holde Knäblein geboren. Am andern Tage, als Alles zur Taufe bereit war, da ließ auch der Gevattersmann vom Greifenstein nicht auf sich warten. Er erschien in Häuerkleidung und übte das fromme Werk mit inniger Andacht und als die heilige Handlung vorüber war, da schenkte er Hansen einen Schlägel und eine Eisen und sprach: „Lieber Gevatter, bete und arbeite! Wo du mit diesem Gezäh einschlägst, da wirst du reiche Ausbeute finden, und dannn denke allemal an Gott und deinen Gevattersmann!“ Darauf verschwand er: seine Worte aber trafen ein, Hans ward ein reicher Mann und soll die Siebenhöfe bei Geyer gebaut haben.

III. Ein Wanderer, Namens Jahn, irrte bei Nacht einst in der Gegend des Greifensteins im Walde herum. Da trat ihm plötzlich eine zwerghafte Geistergestalt entgegen und winkte ihm zu folgen. Nicht ohne Grauen folgte Jahn. Ueber Stock und Stein führte ihn der Zwerg, bis sie endlich an eine Höhle kamen, die sich, sobald sie eintraten, mächtig erweiterte und ein prächtiges Ansehen gewann. Die Wände waren von Silber, die Tische und Stühle von Gold. Tausend kristallene Leuchter mit langen Kerzen verbreiteten einen blendenden Glanze über das ganze Gewölbe. Zwölf Männer in stattlichen Rittergewändern mit langen Bärten saßen an einer langen Tafel und speißten. Der Zwerg lud den erstaunten Jahn ein, sich zu setzen und am Mahle Theil zu nehmen. Der Hunger besiegte die Schüchternheit. – Jahn setzte sich und aß und trank von dem, was ihm der Zwerg bot. Nie noch hatte er so köstlich getafelt; er ward erquicket und allmählig getrosten und frohen Muthes. Die zwölf Männer schienen sich über ihn zu freuen und geboten dem Zwerge, sein Ränzel zu füllen. Mit herzlichen Worten schied Jahn von seinen gastfreien Wirthen. Der Zwerg führte ihn aus der Höhle, die, wie Jahn jetzt bemerkte, im Greifenstein war und geleitete ihm auf die Straße, welche nach Böhmen führte und auf welcher Jahn sich nicht verirren konnte. Dann verschwand er. Als nun Jahn sein Ränzel umpackte, um zu sehen, womit ihn die freigebigen Geister beschenkt hatten, da fand er in demselben eine ziemliche Anzahl Barren gediegenen Goldes und Silbers. Voller Freuden gelobte er, dasselbe recht gut anzuwenden. Er baute also in der Gegend des Freiwaldes bei Thums mehrere Häuser, welche er armen Leuten ohne Miethzins überließ und that auch sonst allerlei Gutes an Kranken und Armen. Später, als die Zahl jener Häuser sich vermehrte und ein ganzes Dorf entstand, ward dasselbe ihm zum Andenken Jahnsbach genannt.

IV. Die Felsengruppe des Greifensteins zeigt an vielen Stellen Spuren von Mauerwerk, und da man auch innerhalb und bei demselben Pfeile, Eisenwerk und dergl. gefunden hat, so scheint die Vermuthung nicht unwahrscheinlich, daß jene einst ein Raubschloß in sich gefaßt habe. Das Volk erzählt sich über den Untergang desselben eine schauerliche Geschichte, die also lautet. Im 11. Jahrhundert soll ein Ritter, Ado von Greifen, an dem Hofe des Herzoges Wratislaw von Böhmen gelebt haben und nachdem er sich von hier ein Fräulen entführt, mit dieser in den fast nur von wilden Thieren bewohnte Freiwald bei Thum gezogen sein und sich hier ein Schloß, die Greifenburg, erbaut haben. Hier lebten Beide nur der Erziehung des einzigen Sohnes, eines Tages aber brachte der Ritter von einem seiner Jagdzüge ein kleines Mädchen von ungefähr 2 Jahren mit nach Hause, die er im Dickicht schlafend gefunden hatte. Diese ward nun mit dem jungen Ritterssohn zusammen erzogen, beide liebten sich wie Geschwister, als sie aber in das mannbare Alter getreten waren, versäumten ihre Eltern sie gehörig zu überwachen und ihrem beständigen Zusammensein Hindernisse in den Weg zu legen. So kam es, daß aus der geschwisterlichen Zuneigung ein weniger unschuldiges Verhältniß entstand, in einer unbewachten Stunde vergaßen sich die Liebenden und nach Verlauf einiger Monate fühlte sich das unglückliche Mädchen Mutter. Zwar hoffte sie, es werde ihrem Geliebten gelingen, seine Eltern dahin zu stimmen, daß sie ihre Einwilligung zu seiner Verheirathung mit seiner Pflegeschwester gewährten, leider fand sich aber keine passende Gelegenheit, und als eines Tages der Junker ausgezogen war, um einem Waffenbruder seines Vaters, Bruno von Scharfenstein, gegen einen Raubritter, Namens Rekko von Rauenstein, der schon vor 18 Jahren die schwangere Gemahlin des erstern geraubt hatte und jetzt abermals dessen Schloß belagerte, beizustehen, entdeckte seine Mutter die Schwangerschaft ihrer Pflegetochter. Natürlich konnte sie nicht im Zweifel sein, wer der Urheber derselben war, sie entdeckte also ihrem Gemahl Alles, allein da Beide sehr adelstolz waren, so fiel es ihm gar nicht ein, den einmal geschehenen Fehltritt der beiden jungen Leute zuzudecken. Im Gegenteil, sie behandelten das unglückliche Mädchen ganz als sei sie eine freche Buhldirne und habe den Junker verführt, und ließen sie unter schweren Mißhandlungen in’s tiefste Burgverließ werfen. Hier genaß sie unter furchtbaren Schmerzen eines Knäbleins, und da sie sich von Gott und Menschen verlassen glaubte, schleuderte sie dasselbe an die Mauer des Kerkers. Da stand plötzlich eine weiße Gesalt vor ihr, welche ihr sagte, sie sei seit undenklicher Zeit wegen einer ähnlichen Handlung zum ruhelosen Umherirren von dem Schicksal verurtheilt gewesen, jetzt aber durch sie erlöst worden, und sie werde ihre Stelle einnehmen, bis einst ein keusches Weib, welches niemals einen unreinen Gedanken in ihrer Seele gehegt, in stiller Mitternacht ihren Namen dreimal ohne Furcht rufen werde. Die Unglückliche sank tödlich erschrocken zu Boden und erwachte nicht wieder, wohl aber erschien ihr Geist dem hartherzigen Pflegevater und verkündeten seinem Hause Verderben. Reuig eilte er in ihren Kerker hinab, allein er fand nur ihren Leichnam und den ihres neugeborenen Kindes. Er ließ Beiden ein prächtiges Begräbnis ausrichten, allein eben als man sie besetzte, kehrte sein Sohn als Sieger von seiner ersten Waffenthat zurück. Voller Freude eilte er der Burg seines Vaters entgegen, denn er hatte aus dem Munde des gefangenen Raubritters erfahren, daß seine Geliebte das von Letzterem im Freiwalde ausgesetzte Töchterchen der entführten Gemahlin des Ritters von Scharfenstein sei, und hoffte nun nichts gewisser, als daß seine Eltern nunmehr ihre Einwilligung zu seiner Verbindung mit ihr nicht mehr versagen würden. Böses ahnend, als er die Trauerfahne vom Schloßthurme wehen sah, sprengte er in den Schlosshof, wo ihm der Leichenzug entgegenkam. Die Wahrheit konnte ihm nicht verheimlicht werden, er stieß einen furchtbaren Fluch gegen seine Eltern aus und sank in eine tiefe Ohnmacht, aus der er nur wieder erwachte, um für immer in geistiger Nacht zu leben. Seine Eltern überlebten diese furchtbare Katastrophe nicht lange, Ihr unglücklicher Sohn ward auf Lebenszeit in einem Kloster untergebracht und der Herzog Wratislaw übergab die Burg Greifenstein als erledigtes Lehen einem anderen böhmischen Ritter, der sie aber auch nicht lange behielt, denn da er mit seinen Nachbarn in beständiger Fehde lebte, vereinigten sich dieselben zuletzt gegen ihn und berannten, eroberten und zerstörten die Burg. Noch jetzt aber soll zwischen den Felsen der Geist jenes unglücklichen Mädchens, ihr zerschmettertes Kind auf dem Armen, herumirren und den Wanderer durch sein Wehgeschrei erschrecken.

Lehmann „Obererzgebirgischer Schauplatz“

Wo die Bergmännchen im Gebirge jetzt hingekommen sind

Es ist eine alte Rede, daß früher Zwerge oder Männlein im Gebirge gewohnt und sich endlich beklagt, sie müßten wegziehen, denn sie könnten das Pochen auf den Eisenhämmern und Zwittergebäuden nicht hören und vertragen, sie wollten aber wiederkommen, wenn die Hämmer aufhören würden.

aus Lehmann „Obererzgebirgischer Schauplatz“

Das graue Männchen zu Dresden

In der Nähe des jetzigen Johannesplatzes steht noch jetzt ein kleines Haus (Johannesstr.20), darin wohnte früher ein Töpfer Namens F. Zu dem kam öfters des Tags und des Nachts ein kleines graues Männchen, wenn er allein war, und winkte ihm, als sollte er mitgehen. Allein der Töpfer hatte entweder keinen Muth oder war zu fromm, sich mit dem Männchen einzulassen, er wieß ihn stets zurück. Indessen starb der Mann und sein Sohn folgte ihm in seinem Geschäfte nach. Gleich kam das Männchen wieder zu ihm und der junge Mann folgte ihm denn auch eines schönen Tages in der Mitternachtsstunde. Nun befand sich aber damals an der Stelle des heutigen Johannesplatzes die böhmische Kirche und der um sie herum sich ziehende Kirchhof. Wenn man nun vom Pirnaischen Platze aus durch den Kirchhof nach der Neugasse zugehen wollte, blieb diese inzwischen ebenfalls abgetragene Kirche links, rechts aber vom Fußwege stand die lange sogenannte Rathsgruft. Das Männchen führte nun den Töpfer nach dieser hin, stieg hinab und winkte ihm zu folgen, der muthige Mann that es auch, und unten gab ihm das Männchen einen großen Topf voll Goldstücke und davon soll der Wohlstand der Familie F. sich noch heute herschreiben.

Der Schatz im Steinbühel zu Oberhermsgrün

In dem Steinbühel zu Oberhermsgrün liegt ein Schatz verborgen, der noch zu heben ist. Einst kam in der Mitternachtsstunde zu einem jungen Bauernburschen im Dorfe ein graues Männchen und forderte ihn auf, mit ihm zu gehen und den Schatz zu heben. Hans hatte aber keinen Muth, sondern verkroch sich tief in das Bette. Als das Männchen in der nächsten Nacht wiederkehrte, wagte er das Unternehmen eben so wenig und begab sich sogar die dritte Nacht in die Kammer seiner Braut, weil er bei dieser sicher zu sein wähnte. Allein kaum hatte die Glocke Zwölfe geschlagen, so war auch das Männchen wieder da und rief dem furchtsamen Hans zu: „heute komme es zum letzten Male um ihm Glück zu bringen, wenn er jetzt nicht folge, werde es niemals wiederkehren“ Allein der dumme Hans wollte auch dies Mal nicht mitgehen, so sehr ihn auch seine Braut, die gerne reich werden wollte, antrieb. Am andern Morgen ging er endlich an den bewußten Ort, aber wie ward ihm, als er ein tiefes Loch und am Rande einen Topf stehen fand, in dem wie um ihn zu höhnen noch ein Silberdreier lag.

aus Hager „Voigtländische Volkssagen“ 1839

Der Kobold zu Pausitz bei Jahnishausen

Zu Pausitz bei Riesa hat sich um 1696 ein Kobold aufgehalten, der in dem Hause des Viertelhüfners Hans Preußiger vielerlei Unfug verübte. Er verschleppte Lebensmittel und Wäsche aus dem Hause und versteckte sie an verschiedenen Orten, Butter ballte er zu Klumpen und vergrub sie unter die Spreu, Mehl- und Getreidesäcke stürzte er um, wenn gebacken werden sollte, verdarb er den Sauerteig durch Erde und Spreu, in der Küche füllte er die Kochtöpfe am Feuer mit Kohlen und Asche, verunreinigte die Speißen und Trinkgeschirre aufs Eckelhafteste, machte unsichtbar die Thüren auf und zu, riß in der Nacht den Frauen die Betten und Hemden vom Leibe, nur gegen die 13jährige Tochter Preußigers benahm er sich besser, ja er sagte ihr, eine frühere Kinderfrau eines Herrn von Plötz, die Dörschnitzer Anna, habe ihn in einem Korbe ins Haus gebracht. Er saß zuweilen in der Ofenhölle in eine weißen Hemde, das am Halse und Aermeln mit rothen Bändern geschmückt war, hatte graue neue Strümpfe und alte Schuhe an, sein mit großen Glotzaugen und im Genicke mit einen Busch gelber Haare besetzter Kopf hing hinten über. Er schenkte dem Kinde neue Spindeln und schöne Birnen, als er aber einmal aus einem Milchasch getrunken hatte und dieser deshalb eingeschlossen ward, stach er die Kühe mit einer Mistgabel in die Beine. Von einem Herrn von Carlowitz it Prügeln bedroht, verschwand er endlich.

aus Weber „Aus vier Jahrhunderten“

Die Zwerge im Hutberg bei Weißig

In der Nähe des Dorfes Weißig bei Eschdorf erhebt sich der sogenannte Hutberg beinahe 1000 Fuß über der Meeresfläche. Vor langen langen Jahren war dieser Betg von einem Zwergengeschlecht bewohnt, welches still und freundlich mit den Bewohnern der umliegenden Gegend verkehrte und sich besonders durch das Tragen von runden Spitzhüten auszeichnete. In dem Berge war Reichthum an Silber, und oft kamen Leute aus der Nachbarschaft und baten um ein Darlehn, welches jene auch nie verweigerten; nur hielten sie streng darauf, daß die Schuld zum vorher bestimmten Tage zurückgezahlt ward, geschah dies nicht, so traf den säumigen Zahler gewöhnlich irgend ein Unfall. So hatte einstmals ein Mann in seiner Noth Hilfe im Hutberge gesucht und gefunden , und als nun der Tag des Wiederbezahlens gekommen war, eilte er schon ganz früh hin, um seine Schuld abzutragen. Siehe da sprach der Zwerg, der ihn am Eingange des Berges empfing, und dem er eben das Geld zu geben im Begriff war, zu ihm: „ei Du schlechter Mann, Du hast heute noch nicht gebetet oder Deine Hände gewaschen, ich kann aus einer unreinen Hand kein Geld nehmen, komme also heute über vier Wochen wieder, wasche Dich aber erst und bete, dann magst Du Dein Geld zahlen.“ Aber der Mann war wirklich schlecht, denn nach vier Wochen stand er zwar wieder am Berge, allein er hatte weder gebetet, noch sich gewaschen, weil er hoffte, auf diese Weise das Geld behalten zu können. Als ihn der kleine Hutmann erblickte, ward er sehr zornig und sprach: „behalte dein Geld, laß dich aber niemals wieder hier sehen!“ Der Mann war aber mit dem listig erschlichenen Gelde nicht glücklich, es traf ihn Unglück über Unglück und bald war er wieder arm. Bald nachher machten aber die Zwerge allen ihren Schuldnern bekannt, sie müßten aus dem Hutberge ausziehen und würden ihre ausstehenden Schulden an dem Tage wieder eincassiren, wo sie in den Berg zurückgekehrt wären. Kurz darauf an einem bestimmten Tage sah mn mit Erstaunen, wie das ganze Zwerggeschlecht in einem langen Zuge, Männlein, Weiblein und Kindlein nach der Elbe herabstieg, wo ein bereitstehendes Schiff sie aufnahm, und Thränen in den Augen sahen ihre Schützlinge ihren Wohlthätern nach, bis sie am andern Ufer der Elbe hinter den Bergen, welche sie erstiegen hatten, verschwunden waren. Sie sind zar niemals wiedergekehrt, aber, obwohl mit ihrem Wegzuge die Luft auf und bei dem Berge kalt und unfreundlich ward, so daß das Dorf Weißig eher Eisig genannt werden sollte, sind doch die Einwohner desselben reich und wohlhabend geblieben.

aus Seidemann „Eschdorf und Dittersbach“ 1840

Der Felsblock bei Weißig

Auf dem Weißiger Viehanger lag vordem ein ungeheurer Felsblock, der einzige im ganzen Umkreise (er ist jetzt zersprengt worden); man erzählt, daß, als man den Kirchthurm vollendete, böse Zwerge, die auf einem benachbarten Berge hausten, aus Aerger über den frommen Bau, denselben nach der Kirche schleuderten, sie fehlten aber, der Stein flog weit über sein Ziel hinaus und wühlte sich in dem Anger in den Boden ein, die Zwerge jedoch zogen auch von dannen, denn das Glockengeläute störte sie.

aus Seidemann „Eschdorf und Dittersbach“

Die Sagen von den Zwergen im Cottaer Spitzberg

Das früher den Burggrafen von Dohna gehörige Rittergut Cotta liegt am südöstlichen Rande der sächsischen Schweiz an einem Kalkmergelberge mit Basaltspitze an der nach Teplitz führenden Chausee 1 1/4 Stunden von Pirna entfernt. Dieser sogenannte Cottaer Spitzberg, von dem man eine reizende Aussicht genießt, überragt den Ort selbst noch um 401 Fuß, und in diesem sollen noch heute einige Zwerge, sogenannte Querkse, hausen, die einzigen Ueberreste eines ganzen Volkes von gutmüthigen kleinen Wesen, die sowohl hier als im nahen Zwergloch des Hennersdorfer Wasserfalls wohnten. Einst hatte ein junges Mädchen, welcher einer derselben aus Liebe die Wohnung seiner Genossen am Wasserfalle gezeigt hatte, das Geheimniß in der Beichte verrathen, und in Folge dessen mußten alle fortziehen, worauf auch ihre Brüder aus dem Spitzberge sich ihnen anschlossen, mit Ausnahme der wenigen, welche zr Bewachung des großen im Spitzberge liegenden Schatzes zurückblieben. An einem düstern Novembermorgen, während ein dichter Nebel über der Erde lag, hörte man das Trippeln einer unzähligen Menge von kleinen Füßen, welche den Kirchweg herunter durch das Rottwernsdorfer Thal nach Pirna zogen und sich dort über die Elbe setzen ließen. De Fährmann, der wegen des Nebels nicht sehen konnte, verlangte, als man ihm das „Hol über“ zurief, für jede Person einen Pfennig Fährgeld, und als er die kleinen Wesen übergesetzt hatte, da fand er soviele Pfennige in seinem Kahne, daß er sie nicht zählen konnte, sondern mit der Metze messen mußte und dadurch ein reicher Mann ward. Das Mädchen aber, welches das Geheimnis verrathen hatte, starb bald nachher an gebrochenem Herzen, doch Niemand weiß, ob jene einst, wie sie versprochen, wieder kommen werden, und dann der Bergbau im nahen Städtchen Berggießhübel wieder aufleben wird. Der Eingang zu der noch jetzt von den zurückgebliebenen Querksen bewohnten Höhle des Cottaer Berges ist nur alle 9 Jahre, wenn das umstehende Laubholz geschlagen ist, eine kurze Zeit und auch dann nur in beträchtlicher Entfernung vom Berge auf der südlichen Seite sichtbar, kommt man aber in die Nähe der wahrgenommenen Stelle, so ist die Oeffnung so mit Steinen versetzt, daß man irre wird und sie nicht wieder finden kann. Im Jahre soll aber die Höhle einen Tag lang für Jedermann offen stehen. Schade nur, daß Niemand weiß, wenn de Tag fällt.
Einst war eine Frau oben am Berge grasen, als gerade die Mittagssonne gewaltig heiß schien, so daß die Frau in das Gehölz ging, um etwas auszuruhen; da befand sie sich plötzlich vor einer offenstehenden Höhle, in welcher längs der Wände Bänke und in deren Mitte eine Tafel stand. Auf eine dieser Bänke setzte sie sich nieder, nahm aber dabei ihre Haube ab; nach einiger Zeit ging sie jedoch wieder an ihre arbeit, vergaß aber ihre Haube mitzunehme, und erst auf dem Heimwege dachte sie daran; sie kehrte zwar sogleich zurück, allein sie fand keine Höhle mehr und mußte ohne Haube nach Hause gehen. Da sie sich jedoch den Tag gemerkt hatte, wo ihr dies geschehen ward, so kehrte sie das nächste Jahr an demselben Tage wieder an jenen Ort zurück, fand die Höhle offen, und auf demselben Orte, wo sie die Haube hingelegt hatte, da lag sie auch jetzt noch.
Ein anderes Mal ging eine Frau um Gras zu holen auf den Berg und nahm ihr kleines Kind mit, weil sie Niemand hatte, der es warten konnte. Auch sie fand die Höhle offen und darin eine Anzahl kleiner Männchen, welche sie bat, das Kind, während sie grase, in Obacht zu nehmen. Dies thaten diese auch, und als die Frau fertig war, gaben sie ihr ihr Kind zurück und außerdem eine Semmel, die sie, als sie nach Hause kam, in Gold verwandelt fand. Einst ging eine arme Frau, die sich in schwerer Noth befand, auf den Cottaer Spitzberg, da trat aus dem Gebüsch ein kleines Männchen auf sie zu und drückte ihr ein Päcktchen in die Hand, welches sie aber vor Schrecken in die nahe dabei liegenden Steine schleuderte, später besann sie sich aber eines Bessern, kehrte zurück, fand zwar das Päckchen nicht mehr, wohl aber unter den Steinen einige alte Silbermünzen. Noch jüngst (1854) lebte in Cotta ein Mann, der behauptete, er sei als Knabe mit einem Schulkameraden auf dem Berge herumgeklettert und habe sich plötzlich vor der offenstehenden Höhle befunden; sie wagten aber nicht einzutreten, sondern liefen entsetzt den Berg hinunter, und konnten späterhin, trotz alles Suchens, die Stelle nicht wiederfinden. Ebenso sah man in einer dunklen Nacht drei Zwerge mit langen weißen Bärten in dem lange Zeit unbewohnten, nach der Abendseite gelegenen Eckzimmer des Cottaer Herrenhauses sitzen und bei dem in das Gemach fallenden Mondenlicht in einem großen Buche lesen. Vielleicht haben die öfters am Cottaer Berge gefundenen Bracteaten (oder Hohlmünzen) mit der darauf befindlichen Abbildung eines Mannes in sitzender Stellung und sehr dickem Kopfe Gelegenheit zu der Sage von den Schätze bewachenden Zwergen gegeben.

aus Burchardi in Poenicke „Album der Schlösser und Ritterburgen im Königreich Sachsen“

Das Zwergloch bei Lohmen

In der Nähe von Lohmen sieht man, wenn man auf der sogenannten Poste steht, ziemlich am Fuße des Berges das berühmte Zwerloch. Dasselbe soll seinen Namen von einem Zwergengeschlecht haben, welches aus Furcht vor einem auf dem Berge wohnenenden Riesen, von dem noch eine in der Nähe befindliche Vertiefung, der sogenannte Riesenfuß, die Form eines in Lehm oder Thon eingedrückten Fußes von 3 Ellen Länge und 2 1/2 Ellen Breite Kunde giebt, sich durch den Berg unterhalb des Dorfes Doberzeit eingewühlt und durch das im Liebethaler Grunde befindliche ebenfalls so genannte Zwergenloch wieder herausgewühlt haben soll.

aus Hofmann „Das Meißner Land“

Das Erdmännchen und der Schafhirt

Im Jahre 1664 hat sich in einem Dorfe nahe bei Dresden Folgendes zugetragen. Es hat ein Schäferjunge im Felde bei seiner Heerde gesessen und von ungefähr gesehen, wie ein mäßiggroßer Stein in seiner Nähe sich von selbst einige Male in die Höhe zu heben schien. Dies hat ihn gewundert, er hat sich den Stein angesehen und ihn endlich von seinem Platze weggehoben. Siehe da hüpft ein kleines Kerlchen (ein Erdmännchen) aus der Erde hervor und stellt sich vor ihm hin und spricht, er sei bis diesen Augenblick dahin gebannt gewesen und begehre nunmehr von ihm Arbeit, er müsse ihm etwas zu thun geben. „Nun wohl“, hat der Junge bestürzt geantwortet, „hilf mir meine Schafe hüten“. Dies hat das Erdmännchen auch flugs gethan, am Abend aber, wo der Junge sein Vieh hat ins Dorf treiben wollen, da hat das Gespenst mitgewollt. Der Junge hat sich aber entschuldigt und also gesprochen: „in mein Haus vermag ich Dich nicht mitzunehmen, denn ich habe einen Stiefvater und dazu noch andere Geschwister, mein Vater würde mich übel zudecken, wenn ich ihm noch einen anderen mitbrächte und ihm das Haus kleiner würde“. „Ja so mußt Du mir anderswo Herberge schaffen, Du hast mich einmal angenommen“, hat das Männchen gesagt. „Gehe hin zu unserm Nachbar“, hat der Junge geantwortet, „denn der hat keine Kinder“. Dies ist auch richtig geschehen, aber dergestalt, daß ihn der Nachbar nicht wieder hat loswerden können.* aus Prätorius „Weltbeschreibung“ 1665 * Preusker „Blicke in die väterliche Vorzeit“ erzählt von einem Mann zu Strehla und einer Wiegenfrau bei Meißen, die beide von dergleichen zur Bewachung von Schätzen verbannten Erdmännchen um Hebung derselben gebeten worden wären, damit sie erlöst würden.

Der Einsiedel im Thale der rothen Weißeritz

Ganz in der Nähe des Städtchens Tharandt befindet sich das Thal der rothen Weißeritz. Hier gestatten schroffe Felsenrisse und wild aufbrausende Fluthen im Frühjahr kaum einen schmalen Pfad am linken Gehänge hin. Eine felsige Landzunge, der sogenannte Einsiedel, wo einmal ein Einsiedler seine Clause gehabt haben soll, ist in der Umgegend als ein Ort, wo es spukt, berüchtigt. Man erzählt sich von grauen Männchen, die da herumgehen, und von Geistern, die einen dort verborgen liegenden Schatz bewachen sollen, den nur eine ganz reine Jungfrau heben kann. Ein Mann aus dem nahegelegenen Somsdorf sah vor einigen vierzig Jahren, wie ein kleiner, höhnisch lachender Zwerg eine alte Frau vom Berge herabzerrte, die dann zerratzt und halb besinnungslos in ihre Heimath ankam. In demselben Thale befindet sich auch der Nixenhügel (bei der langen Brücke am Felsen hin), der sehr tief und von zwei Wassernixen bewohnt ist.

aus Cotta „Tharand und seine Umgebungen“ 1835

Der Berggeist am Donat zu Freiberg

Auf dem Donat Spath, im Bereiche der Elisabethen Fundgrube zu Freiberg sieht man in der Nähe eines alten Schachtes den Namen Hans in Stein gehauen und deutet ihn als das Erinnerungszeichen an einen hier verunglückten Bergmann dieses Namens. Die Sage erzählt hierüber Folgendes.
Es hat einmal am Donat ein armer Bergmann, Namens Hans, gearbeitet, der so in Dürftigkeit schmachtete, daß er oft in der Grube mit Thränen laut über seine Noth jammerte. Da zertheilte sich einmal plötzlich der Felsen und aus dem steinernen Thore trat ein kleines Männchen hervor. Das war der Berggeist. Der sprach zu ihm: „Hans, ich will Dir helfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennigbrod und ein Pfenniglicht geben und keinem Menschen etwas davon sagen.“ Hans erschrak zwar, allein da er sah, daß derselbe guter Laune sei, so versprach er Alles. Der Berggeist verschwand und ließ ihm viel Silber zurück, Hans aber hatte nun immer Ueberfluß an Geld, ließ tüchtig aufgehen, hütete sich aber wohl, irgend Jemandem etwas von seiner Geldquelle zu sagen. Da kam das Stollnbier, an welchem die Bergleute gewöhnlich etwas über die Schnur zu hauen pflegen. Dies that leider auch Hans, und nicht lange dauerte es, so war er schwarz, vergaß sein dem Bergeist gegebenes Versprechen und erzählte seinen Genossen, was ihm begegnet war. Am andern Tage, als er nüchtern geworden, erinnerte er sich freilich an sein Geschwätz, allein er konnte das Gesagte nicht wieder zurücknehmen und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war aber, den Knechten, welche am Haspel standen, das Zeichen zu geben, allein dasselbe ließ an diesem Tage lange auf sich warten, man rief ihn zwar, aber es erfolgte keine Antwort. Plötzlich zuckte es am Seile, ein helles Licht erglänzte in der Teufe, und die Haspelknechte, die freilich nicht wußten, was das zu bedeuten haben könne, drehten gleichwohl geschwind den Rundbaum und bald war der Kübel zu Tage gefördert. Allein statt des Erzes lag in demselben der Bergmann Hans todt mit blauem Gesichte wie ein Erwürgter, auf ihm das letzte Pfennigbrod und rings um den Kübel brannten die Pfenniglichter, die er dem Berggeist geopfert hatte und die dieser jetzt samt dem todten Geber zurückgab.

aus Ziehnert „Sächsische Volkssagen“

Die drei goldnen Brodchen zu Pomsen

Zwei Stunden von Grimma an der von hier nach Leipzig führenden Straße liegt das alte Schloß Pomsen. Dasselbe gehörte wie mehrere in der Nähe liegende Dörfer vor Alters der adeligen Familie von Ponickau. Einst war das Haupt dieses Gechlechtes mit seinem Herrn, dem Markgrafen von Meißen in den Türkenkrieg gezogen und hatte seine treue Hausfrau Sarah schwangern Leibes zurückgelassen. Nach einiger Zeit kam sie mit einem Söhnlein nieder, und als sie nun eines Morgens kurz nach Sonnenaufgang mit demselben in ihrem Schlafgemach in dem großen Ehebette lag und Niemanden bei sich hatte – denn Dienerschaft besaß sie nur wenig, weil ihr Gemahl abwesend und sie selbst nicht eben reich war – da sieht sie auf einmal, wie sich die schwere Thür von selbst geräuschlos öffnet und zu derselben in langen Reihen ein Zwergvolk hereinkommt. Die kleinen Leute sind prächtig gekleidet und haben offenbar einen Hochzeitszug vor. An der Spitze der Paare zieht ein Musikchor, dessen Mitglieder wie die ganze Gesellschaft kaum zwei Spannen hoch sind, dann folgen Bräutigam und Braut und deren Eltern und so fort die Hochzeitsgäste immer in bunter Reihe. Sie schreiten bis zu dem ungeheuren Ofen, der den dritten Theil des Zimmers einnimmt, und begeben sich in den Raum, der zwischen den sechs Füßen desselben gewissermaßen eine Art Halle bildet. Hier stellen sie sich paarweise auf und tanzen nach den lieblichen, obgleich leise tönenden Weisen der kleinen Musiker Tänze, der Reigen und Touren irdischen Augen bisher unbekannt geblieben waren. Nachdem sie nun endlich genug der Freude gehuldigt, schicken sie sich zum Abzug an und verlassen diese sonderbare Tanzhalle wieder ganz auf dieselbe Weise. Wie sie nun an dem hohen Himmelbette der ganz in tiefes Erstaunen versenkten Schloßherrin vorüberziehen, da bleibt auf einmal der kleine Bräutigam stehen, verbeugt sich tief und sagt ihr, er danke ihr im Namen seiner Brüder für die Heimath und den ruhigen Aufenthalt, den sein Volk bisher auf ihrem Schlosse genossen habe, sie hätten, weil es ihnen unter der Erde zu finster gewesen, einmal bei lichtem Sonnenschein ihr Vermählugsfest feiern wollen und zum Danke für die genossene Gastfreundschaft wolle er ihr hiermit drei goldene Brodchen überreicht haben. Diese solle sie wohl aufheben, denn so lange wie diese Brodchen noch im Besitze ihrer Familie sein würden, werde dieselbe grünen und blühen und immer an Reichthum und Glück zunehmen.* Damit zog die Zwerghochzeit ab. Die Schloßherrin verfiel vor Schreck in einen tiefen Schlaf, als sie aber erwachte, da lagen die Brodchen auf der Bettdecke und sie sah, daß sie nicht geträumt hatte. Nicht lange hernach kam ihr Eheherr mit Beute reich beladen aus dem Kriege zurück, und Beide ließen nun, damit die Brodte nie verloren gehen sollten, dieselben in den einen Thurm des Schlosses Pomsen enmauern. Hier blieben sie auch bis zum 30jährigen Kriege, da kmen einmal die Feinde ins Dorf und plünderten und brannten das Schloß an, der Thurm stürzte zusammen und die Brodchen waren verschwunden, und seit dieser Zeit schien das Glück die Familie Ponickau verlassen zu haben, denn sie verlor ein Gut nach dem andern, und zuletzt auch Schloß Pomsen.
*Nach einer andern Version der Sage hätte der Zwergkönig je eines dieser Brode für ihre drei Söhne bestimmt und gesagt, dieselben würden drei Schlösser erwerben. So wäre also blos ein Brod nach Pomsen gekommen. Eins dieser Schlösser soll vom Feuer, das andere vom Wasser zerstört worden sein, das dritte aber noch bei der Familie sein. Oder wie Moser bei Pönicke „Album der Rittergüter Sachsens“ erzählt nach der im KIrchenbuche zu Pomsen durch M. Steinhäußer niedergelegten ERzählung dieser Begebenheit, jene Erscheinung der Zwerghochzeit habe im J. 1686 Statt gefunden, während Johann Christoph ll. von Ponickau Besitzer des Schlosses gewesen sei; die Geschenke hättem aus zwei Brödchen und einem Goldreif bestanden, und seien zusammen in den Schloßthurm eingemauert worden, dort aber im J. 1726 mit diesem durch einen Blitzstrahl in Flammen aufgegangen und seitdem sei der Wohlstand der Familie so zurückgegangen, daß diese 1782 das Rittergut, nachdem es fast 250 Jahre lang in ihrem Besitz geblieben, hätte veräußern müssen.

aus „Der Freimüthige“ 1814

Der Kobold am Barfußpförtchen zu Leipzig

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts hat ein angesehener Bürger zu Leipzig, Namens Scheibe, in einem großen Hause auf dem Barfüßerkirchhofe (alle die Häuser daselbst haben ursprünglich zu diesem Kloster gehört) eine getäfelte Wand neu weißen lassen und dahinter viele Löcher in der Wand gefunden. Als das erste Loch geöffnet ward, ist flugs ein Haufen Messer herausgefallen von sehr alter Form, ein Theil rostig, der andere ziemlich blank; einige sind sehr schmal und sehr lang gewesen, vielleicht zum Aufspießen der Lerchen, andere mit Achatsteinen besetz, noch andere mit elfenbeinernen Heften. Weiter hat er im Keller graben lassen und darinnen viele runde Töpfe gefunden, alle mit kleinen Kindesgebeinen gefüllt. Von der Zeit an aber, daß jene Messer gefunden waren, hat sich im Hause ohne Unterlaß ein Kobold geregt, der nach allen Leuten in der Stube geschmissen, aber draußen auf dem Saale ihnen nichts gethan hat. Auch hat er Niemanden verletzt, sondern nur geschabernackt. So hat er auch nichts gesprochen, denn wie er von dem Besitzer gefragt ward, was für ein Geist er sei, ob ein guter oder böser: „Alle guten Geister loben Gott den Herrn,“ oder: „Was thust Du? Gib ein Zeichen von Dir, Putz!“ Da hat er zur Antwort jenem etwas an den Kopf geworfen, das ist sein Zeichen gewesen. Doch hat er auch einmal Einem weh gethan, denn ein Hausbewohner, der sehr auf ihn gelästert und geflucht, hat einstmals mit dem Pantoffel eine derartige Maulschelle von dem Ungethüm bekommen, daß ihm der ganze Backen aufgeschwollen und ihm Schmerzen gemacht hat. So hat es im Allgemeinen gedäucht, als wenn das Gespenst aus einem alten Schranke hervorkäme und würfe, und ist diser doch immer verschlossen gewesen. Weiter hat es manchmal den Anschein gehabt, als wenn es in der Kammer Alles über und über kehre, würfe, zerschlüge, und wie man dann dazu gekommen, ist Alles an seinem rechten Orte gewesen. Des Nachts haben sie immerfort Licht brennen müssen, denn da haben sie noch am Meisten Ruhe gehabt, wenn es aber finster gewesen, da hat es immer länger gedauert. Es hat auch den Wirth und Andere im Bette gezupft, das Bett vom Leibe weggezerrt etc., doch das Licht niemals ausgelöscht, sondern brennen lassen. So sind sie dieses Wesen gewohnt geworden, daß sie es nur ins Gemein verlacht und verhöhnt: „siehe, da kommst Du wieder etc.“ Der Mann hatte ein Gefäß voll Flederwische im Keller stehen gehabt, das ganz fest zugemacht gewesen, die hat der Geist einmal alle herauspracticirt und zwar so, daß das Gefäß obenauf zugedeckt geblieben, und hat sie nach einander auf den Wirth los geworfen. Da hat denn dieser erst gemeint, es wären nicht die seinigen, indem er gespaßt: „siehe, was hast Du nun wieder vor? hast Du Flederwische in der Nachbarschaft gestohlen? O gieb sie immer her, ich habe sie von Nöthen.“ Da hat jener aber das Ding alle auf seinen Buckel losgezählt. Das hat er etliche Jahre so getrieben, bis es sich selbst verloren. Den kleinen Kindern hat er nichts gethan, außer daß er ihre Strümpfchen, Stühlchen, Kleider etc. immer nach dem Wirthe zu warf. Da nun das Haus nachmals von einem andern Wirthe gekauft ward, hat es sich wieder gefunden, sonderlich nachdem man aufs Neue das ganze Haus wegen des vermutheten Schatzes durchgrub. Uebrigens meinte der frühere Besitzer auch, es sei ihm nicht anders, als daß er ein paar kupferne Särge einstmals, als er seinen Abtritt verändern ließ, bemerkt habe.

aus Prätorius

Das wilde Weibchen bei Chemnitz

Am 18. August des Jahres 1644 ward bei Chemnitz auf der Jagd im Walde ein wildes Weiblein gefangen, das war eine Elle lang in Gestalt eines Menschen, ihr Angesicht, Hände und Fußsohlen waren glatt, sonst aber war es überall ganz rauch. Dieses Weiblein fing an zu reden und sagte: „ich verkündige und bringe den Frieden im Lande, wollte Gott!“ und hat darauf geschwiegen. Der Churfürst befahl, daß man sie wieder laufen lassen slle, weil vor 25 Jahren auch ein Männlein in gleicher Gestalt gefangen ward, welches den Krieg verkündigte.

aus Schach „Kriegs- und Friedens-Schäferei“