Die Felsenhöhlen bei Buchfahrt

Die Felsenhöhlen bei Buchfahrt in Thüringen

Es war ein wunderschöner Herbsttag als wir von der Ordensburg Liebstedt kamen und der Meinung waren, bei so schönem Wetter uns noch etwas ansehen zu müssen. Also blätterten wir in der Ausflugskarte, die wir von der Ordensburg mitgenommen hatten und entdeckten nicht weit von der Autobahn vor Weimar die Felsenhöhlen von Buchfahrt. Das klang germanisch, nach wenig Touristen und keinem Eintrittsgeld – also hin. In Buchfahrt angekommen fuhren wir langsam durch das malerische Dörfchen auf der Suche nach irgendeinem Hinweisschild. Mitten im Dorf ging es über eine komplett überdachte Holzbrücke. Ich fühlte mich unweigerlich an einen dieser Hollywoodschinken erinnert – „Der Pferdeflüsterer“ oder in „Sleepy Hollow“ kommen auch solche alten Brücken vor. Nur ein Schild fanden wir nicht und ehe wir uns versahen, waren wir auch schon raus aus dem Örtchen. Nun gut, im Prospekt stand „Betreten verboten“. Wen interessiert’s?! Auf der Suche nach einer gelegenen Stelle zum Wenden schaute ich gespannt aus dem Fenster. Neben uns erstreckte sich eine grüne Aue durch die sich die Ilm schlängelte und dahinter ragte eine helle Steilwand empor. Plötzlich bemerkte ich etwa 15m über dem Bach dunkle Löcher in dieser Steilwand. Das mussten die Felsenhöhlen sein. Also parkten wir gleich am Straßenrand, wo ein Trampelpfad zu einer Brücke über die Ilm führte. Von den hiesigen Anglern mit neugierigen Blicken verfolgt, eilten wir Richtung Steilwand. Fast erschien sie uns etwas zu steil, bewachsen mit so ziemlich jedem europäischen Strauch, der Dornen und Stacheln aufweist. Doch was soll’s, wir wollten hinauf. Also ging’s an’s Kraxeln. Nach einigen Abrutschern, abgeschürften Händen, Dornen und Gestrüpp im Haar und einem Riss in der Hose waren wir endlich oben. Ein schmaler Pfad, auf dem man kaum seine beiden Füße nebeneinander stellen konnte, führte an der Wand entlang von Höhle zu Höhle. Die meisten von ihnen waren nicht sehr groß, mehr eine Nische in der Wand. Um so weiter man Richtung Dorf ging, umso größer wurden die Nischen. Bald erkannte man Spuren von Feuerstellen in ihnen. Ja, das ist auch wirklich ein schöner Flecken, wo man zu zehnt die Jahresfeste feiern kann. Nur mit dem Alkohol sollte man sparen – bei dem steilen Abhang! Die letzte Höhle war die Größte. Schon fast eine kleine Wohnung, in der man erkennen konnte, dass sich die damaligen Benutzer auch für längere Zeit hier eingerichtet hatten. Die Höhle besaß Fenster und Türen. Doch war auch hier schon einiges zerstört und es war eine kleine Kletterpartie in ihr Innerstes vorzudringen. Oben angekommen bot sich eine wundervolle Aussicht auf den Sonnenuntergang, man konnte das ganze Land übersehn. Die Höhlen wurden sicher aus strategischen Gründen hier angelegt. Doch der Sonnenuntergang mahnte uns an die Rückkehr. Und so kraxelten wir wieder aus der Höhle heraus und balancierten weiter den schmalen Pfad entlang, der – zu unserer Erleichterung – an einem ganz gewöhnlichen Wanderpfad endete. Da hatten wir uns also auf dem Hinweg völlig umsonst die Hose zerrissen! Wir steigen also über das Geländer, das die Touristen davon abhalten soll den schmalen Pfad entlang zu gehen und kamen an ein Informationsschild auf dem stand:

Geschütztes Bodendenkmal
Höhlenburg, Schloss
Mittelalterliche Anlage des 11.-14. Jahrhunderts, im Steilhang über der Ilm sind zwölf Kammern eingebaut, eine heute abgestürzte Terrasse verband sie miteinander.
1348 Ludolf von Heitingesburg als Burgverwalter der Orlamünder Grafen genannt, steinerner Löwenkopf aus der Schutzmauer stellt orlamündisches Wappentier dar; stein- und bronzezeitliche Funde aus der Umgebung lassen ältere Nutzung der Höhlen vermuten.
Vorsicht Einsturzgefahr, Betreten des Steilhanges verboten!
Thür. Landesamt für archäolog. Denkmalpflege Weimar

Den Wanderpfad gingen wir nun den Berg hinab und kamen zwischen Gartensparten in der Nähe der schönen Holzbrücke im Dorf heraus. Nun mussten wir nur noch die Ilm entlang gehen und waren an unserem Auto. Ein letzter Blick zu den Felsenhöhlen, deren Steilwand gerade im Feuer des Sonnenunterganges ein letztes Mal aufflammte und wir fuhren wieder nach Hause; betrübt, das dieser schöne Ort doch zu weit von uns entfernt lag, um hier die Feste feiern zu können. Doch von Euch da draußen ist er für manchen sicher nicht zu weit entfernt. Vielleicht sieht ja einer von Euch zum Ostarafest die Frühlingsgöttin, die laut einer thüringischen Sage in diesen Höhlen überwintern soll, auf ihrem weißen Hirsch mit dem goldenen Geweih begleitet von Lichtalben ausreiten, um die winterliche Erde zu segnen und alles zum Grünen und Blühen zu bringen und so für eine gute Ernte sorgt. Doch Vorsicht! Wer sie sieht, verfällt ihrer Schönheit und folgt ihr im Herbst, wenn sich auch die Natur zum Schlafen legt, wieder nach Buchfahrt in die Felsenhöhlen und steigt mit ihr zur Hel, wo sie auf den nächsten Frühling wartet.