Grundsätzliches zur Lederbearbeitung

Grundsätzliches zur Lederbearbeitung

Leder ist ein sehr festes, widerstandsfähiges Material. Um Verletzungen, Horn- und Blasenbildung so gering wie möglich zu halten, sollte man einige alterprobte und wirkungsvolle Schutzmaßnahmen ergreifen. Dazu gehört eine massive Unterlage beim Vorstechen der Löcher, die nach Möglichkeit aus Weichholz beschaffen sein sollte.
Desweiteren empfehle ich jedem, der die Absicht hat, Stunden seiner wertvollen Freizeit zu opfern, sich Fingerlinge aus zähem Leder zu beschaffen oder zu bauen (Bild 1, links). Diese sind unabdingbar beim Vorstechen, beim Nähen selber und überhaupt ist das eine feine Übung, um das Material kennenzulernen.

Werkzeug:
Um eine einigermaßen ordentliche Arbeit abliefern zu können, ist gutes Werkzeug das A und O. Auf Trödelmärkten wird man meist fündig, aber selbst alte Schuster und Sattler sind froh, wenn sich jemand für alte Handwerkskunst interessiert und helfen mit Rat und materieller Unterstützung aus. Diese Erfahrung habe ich jedenfalls machen dürfen.

Nötig braucht man:
– Ahlen verschiedener Form
– scharfe Messer wie Skalpelle oder Cutter
– das Bein
– Bienenwachs
– Hanfzwirn zwischen o.5 und o.66 mm
– Kräftige Scheren

Das Bein ist ein Werkzeug, das so ähnlich wie ein alter abgeschliffener Löffel aussieht und ist aus Bein, wie der Name sagt. Man benutzt es, um den Schnitt im Sohlenleder eines Schuhes, in dem die Naht läuft, auszuweiten, bevor man die Löcher setzt. Die Naht muß deswegen in der Sohle versteckt werden, weil sie sich sonst durchläuft!!!

Zeitaufwand:
Lederbearbeitung ist mit ein klein wenig Übung eine Sache, die relativ schnell zu greifbaren Ergebnissen führt. Trotzdem sollte man den Arbeitsaufwand nicht unterschätzen. Für ein Paar Schuhe wie in Bild 3 benötigt man ca. 4 Arbeitstage mit je 8 Stunden Arbeitszeit. Über den Stiefeln in Bild 4 war ich knapp zwei Wochen. Diese Zeiten erklären sich aus der

Arbeitsabfolge:
1) Material und Werkzeugbeschaffung
2) Anfertigen individueller Schnittmuster
3) Übertragen derselben auf das Leder
4) Anzeichnen der Linie, auf der die Löcher liegen
5) Eventuell setzen des Sohlenschnittes
6) Vorstechen der Löcher
7) Ausweiten der Löcher
8) Wachsen des Fadens
9) Nähen
10) Fertiges Kunstwerk gebührend bewundern

Letzterer Punkt ist besonders wichtig und sollte mit nicht zuwenig Met begossen werden!

Bild 2 zeigt ein Paar Nähnadeln mit eingefädeltem, gewachstem Zwirn. Ledernähnadeln gibt es in jedem Baumarkt, bei Raumausstattern oder man nimmt einfach stabile Stopfnadeln von der Oma. Genäht wird immer mit zwei Nadeln gleichzeitig, die symmetrisch gegeneinander geführt werden, sonst zersticht man sich den Faden. Außerdem ist es – gerade bei Schuhwerk- nötig, nach jedem Stich einen einfachen Knoten in beide Fäden zu schlingen. Sollte die Naht durch Verschleiß nämlich doch eines Tages aufgehen, so tut sie dies nur an EINER Stelle. Die Knoten bewahren das Produkt unseres Fleißes vor dem Zerfall. Zusätzlich verklebt das Bienenwachs den Knoten regelrecht, so dass die Naht an sich widerstandsfähiger wird und bei steifem Leder die zu verbindenden Teile nicht auseinander drängen können. Das Auseinanderdrängen ist oftmals ein Problem. Richtig widerwärtig wird es aber erst beim Schuhbau, wo gleichzeitig drei Stücke zusammengenäht werden müssen (Sohle, Oberleder und Brandsohle). Siehe Detail Bild 5 . Aber unsere Vorfahren ließen sich etwas einfallen: Das Sohlenleder wird – noch bevor man den Schnitt für die Naht setzt und damit man ihn überhaupt setzen kann (!) – in kaltes Wasser eingelegt, bis es sich richtig vollgesaugt hat. Jetzt ist es weich und lässt sich willenlos formen, was auch erforderlich ist bei Schnabelschuhen!!

Loke Klingsor